Re: Die Armeen in der amerikanischen Geschichte
von Cavytrooper » Mo 12. Aug 2013, 13:48
Zunächst muss ich zugeben, die Nacht intensiv geforscht zu haben und ich muss ganz klar meinen Fehler einräumen, denn die Apaches stammen nicht aus Südamerika. Asche auf mein Haupt und ich habe meine Hoffnung bestätigt gesehen, dass ich einiges von meinem Wissen oder Halbwissen in diesem Forum ergänzen kann oder auch korrigieren muss. Nochmals Dank an elkwoman.
Ich will hier die Geschichte der U.S.-Cavalry nicht ausufernd schildern. Meine Zahlen zu den einzelnen Gefechten entstammen den "official war records" der US-Army und "The Indian Wars - Day by Day". Da diese Zahlen auf den offiziellen Berichten der jeweiligen Truppenkommandeure beruhen, unterstelle ich hier eine Beschönigung. Wahrscheinlich wurden die Verluste des Gegners heraufgesetzt, um besser dazustehen, und sicherlich haben etliche der Kommandeure großzügig Greise, Frauen und hilflose Kinder zu den Kriegern addiert. Selbst beim Militär war es nicht sonderlich anerkannt, Hilflose abzuschlachten. Die Devise "Aus Nissen werden Läuse" wurde glücklicherweise nicht von allen geteilt, auch wenn ihr zu viele folgten.
Ganz kurz die offiziellen Zahlen der Verluststatistiken aus den Kämpfen gegen Sioux und Cheyenne (nur als Beispiel):
Auf indianischer Seite gingen 3.944 Leben verloren,
auf Seiten der Army und weißer Zivilisten 2.036 Leben.
Diese Zahlen zeigen mir auf, dass die Überlegenheit der Weißen keineswegs so Grenzenlos war. Das erklärt sich seitens der Armee mit der eher rückständigen Bewaffnung. Mit Ausnahme des sechsschüssigen Colt Model 1873 Single Action Army verfügten die Soldaten bis zum Anfang der 1890er nur über einschüssige Karabiner. Die siebenschüssigen Spencer-Karabiner aus dem Bürgerkreig wurden nicht verwendet. Üblich waren Sharps und Remington, die ab 1873 durch den Springfield-Trapdoor ersetzt wurden. Letzterer versagte oft im Gefecht, das die geldgeilen Zulieferer dünnwandige Messingpatronen oder sogar billige Kupferhülsen lieferten, die sich nach dem Abschuss ausdehnten und die Kammer verklemmten. Die Feuerrate lag wahrscheinlich unterhalb der "Schussrate" eines indianischen Bogenschützen. Während der Qualm des Schwarzpulvers immer die Position verriet, galt dies nicht für den Ursprung des Pfeils. Etliche Indianer verfügten (nach Schlachtfeldfunden) über Repetierwaffen, natürlich überwiegend alter Bauart, wie Spencer oder Henry. Angeblich soll ein Henry damals um die 30 Dollar in Gold gekostet haben. Ich persönlich glaube aber nicht, dass Indianer solche Waffen in größerem Umfang und oft eingesetzt haben, da die Munitionsbschaffung eher schwierig war. Zudem dürften beide Seiten, bezüglich der Schußwaffen, kaum Praxis gehabt haben. Die Indianer übten nicht, weil die Munition kostbar war, und die Soldaten durften nicht üben, weil Patronen teuer waren. Eine Schießübung pro Jahr (zwanzig Schuß mit dem Karabiner) durfte abgehalten werden. Wollte ein Offizier zusätzliche Schießübungen abhalten, musste er die Munition aus eigener Tasche zahlen.
Kurz zur Organisation und warum ich selbst damals den "C-Troop, 5th U.S.-Cavalry" aufstellte.
In letzterem Punkt gibt es Verbindungen zu einem Vorfahren, der nach 1848 in die USA emigirerte und später in der benannten Einheit diente.
Das fünfte Kavallallerieregiment erhielt diese Bezeichnung mit der Reorganisartion der Armee während des amerikanischen Bürgerkrieges. Zuvor war das fünfte Regiment die zweite Kavallerie gewesen, die übrigens bei ihrer Aufstellung unter dem Kommando von Colonel Robert E. Lee stand. Während des Bürgerkrieges bestand ein Regiment aus zwölf "Companys", die in sechs Schwadronen (Troops) gegliedert waren. Jede Kompanie sollte einhundert Mann umfassen. Diese Sollstärke wurde während des Krieges von den regulären Regimentern kaum erreicht. Aus Gründen der Tradition wurden die regulären Einheiten auch bei hohen Verlusten nicht aufgelöst und später neu aufgestellt, sondern blieben im Dienst und mussten auf Nachschub durch Rekruten warten. So ritt zum Beispiel das fünfte Kavallerieregiment teilweise nur in einer Stärke von 57 "Säbeln". Karabiner wurden bis Anfang 1864 nur an jeden zehnten Kavalleristen ausgegeben, zum Zwecke des Vorposten-Wachdienstes. Daher findet man in den alten Berichten meist die Angabe der Regimentsstärken von berittenen Einheiten nicht in "Mann", sondern in "Säbeln. "You see a cavalryman - you see a saber."
Nach dem Bürgerkrieg wurden die Regimenter erneut reorganisiert und drastisch verkleinert.
Statt zwölf Kompanien zu je hundert Reitern umfasste ein Regiment ab 1866 zehn "Troops" zu je 67 Mann. Auch das war nur Sollstärke. Während der sogenannten "Indianerkriege" hatten die meisten Troops nur eine Stärke von 45 Mann. Es war nicht selten, dass sie sogar nur 27 Soldaten zählten.
Ungefähr ein Drittel der US-Kavalleristen hatte irische und deutsche Wurzeln. Vor allem deutsche Kavalleristen verfügten oft nur über begrenzte englische Sprachkenntnisse. Aber das galt ja auch für andere. Man behauptet, der Trompeter Martini, der eine Botschaft Custers um Nachschub überbringen sollte, verstand die mündliche Order nicht richtig und es wäre daraufhin zu einer Fehlinterpretation gekommen. Das mag stimmen oder auch nicht. Es gab, seitens der Army, eine Vielzahl von Erklärungsversuchen zu der Niederlage am Little Big Horn, obwohl sich diese auf wenige Fakten beschränken ließen: Ein verdammt mieser Kommandeur mit gravierenden Fehleinschätzungen und miserabler Aufklärung, dafür aber großen Ehrgeiz, dazu eine Truppe, die in der Anzahl und Feuerkraft weit unterlegen war. Ich weiß jetzt nicht, wie viele Indianer in jener Schlacht kämpften, ich meine eine Zahl von rund 1.000 Kriegern in Erinnerung zu habe. Jedenfalls schätzte die Army ihre Zahl, nach der Niederlage, auf über 5.000 ein.
Forts waren in der Regel, wenn die Garnison groß genug war, nicht befestigt. Andere, befestigte Anlagen, waren oft winzig. Fort C.F.Smith, im Dakota-Territorium, war eine der schäbigsten Anlagen und mit einer Garnison von 17 Mann belegt.
Alkoholismus und schlechte Moral waren weit verbreitet. Man schätzt, das ungefähr ein Drittel der Kavalleristen desertierte. Besonders das siebente Kavallerieregiment von Colonel Smith war hierfür berüchtigt, da der stellvertretende Kommandeur, Lt.Col. Custer, zur Schikane neigte. Leitmotiv der Kavallerietrupps (Patrouillen) beim Kontakt mit Sioux oder Cheyenne war (bis nach der Schlacht am LBH): Indianer sehen, Colt abfeuern, Pferd herumziehen und ab zum Stützpunkt.
Die Verpflegung war miserabel, ebenso die Ausrüstung, was sich erst ganz allmählich besserte. Oft gab es kein Nähgarn, weswegen viele Soldaten die Uniformköpfe nicht anähen konnten, sondern mit Lederstreifen "verkeilten". Die Misstände waren derart gravierend, dass schließlich ein Beschwerdeausschuss, das "Board of Officers" gegründet wurde, um Verbesserungen vorzuschlagen und umzusetzen. Aber, wie erwähnt, das dauerte seine Zeit. Für verlorene Ausrüstung musste der Kavallerist Ersatz leisten. Ging sein Pferd ohne Feindberührung verloren (z. B. aufgrund eines Beinbruchs durch einen Karnickelbau), musste der Soldat 97 Dollar an die Regimentskasse entrichten (obwohl der Gaul im Einkauf vielleicht nur 40 gekostet hatte). Ein Colonel verdiente im Monat 135 Dollar, ein Trooper/Private zwischen 11 und 13 Dollar.
Okay, ich wollte jetzt aber nicht zu sehr abschweifen oder in die Tiefe gehen.
Spezielle Fragen kann man gerne an mich richten.