Hallo alle zusammen,
wenn mein Beitrag hierher nicht passen sollte, so kann er ja von Forumsverwaltern verschoben werden. Ich wußte nicht so recht, in welches Unterforum er sonst reinpaßt.
ich mache mir so einige Gedanken über das Überleben der Kultur und Sprachen der Ureinwohner-Völker. Wer nicht will, daß wir auf eine Welt zusteuern, wo eine kapitalistisch ausgerichtete Spaßkultur und nur einige Weltsprachen gesprochen werden, dem muß das Überleben der Eigentümlichkeit der Ureinwohner-Völker am Herzen liegen. Sie sind es, die hauptsächlich die kulturelle und sprachliche Vielfalt der Welt ausmachen. Wenn sie in der Einwanderer-Gesellschaft vollständig aufgehen, wird in Amerika und in Australien eine kulturelle und sprachliche Einöde herrschen. Auch in China droht auf lange Sicht eine kulturelle und sprachliche Einöde.
Während in vergangenen Zeiten die Hauptbedrohung staatliche Zwangsmaßnahmen die größte Bedrohung waren, ist es heute die Verlockung, sich einfach des wirtschaftlichen und persönlichen Erfolges willen an die Mehrheitsgesellschaft anzupassen und Eigenheiten aufzugeben. Vor allem die Jüngeren stehen weltweit in der Versuchung, einfach weltweiten Trends zu folgen. Aber völlige Abschottung nach außen ist heute genauso schädlich. Um einen angemessenen Wohlstand zu erreichen, sind Beziehungen zur Außenwelt unvermeidbar.
Auch in der Geschichte sind jene Völker erfolgreich, die ihre Eigenheiten bewahrt haben und von anderen, höher entwickelten Völkern nützliche Dinge übernommen haben. Die Germanen haben sich gegen das Vordringen der Römer gewehrt und ihre Eigenheiten behalten, aber einige nützliche Errungenschaften von ihnen übernommen und von ihnen gelernt. So sind sie seßhaft geworden, haben die Schrift von den Römern übernommen sowie Techniken im Bau und in der Landwirtschaft übernommen. Ohne dies wäre wohl das nördliche Europa nicht so erfolgreich geworden. Der römische und griechische Einfluß hat sich auch nach Untergang der römischen Vorherrschaft fortgesetzt. Europa ist der beste Beweis, daß Veränderungen durch Einfluß von außen an sich keineswegs Völker im Bestand bedrohen. Die Basken sind ein Beipsiel dafür, daß es möglich ist, inmitten einer mächtigen Sprache oder Sprachgruppe seine eigene Sprache zu bewahren. Das Baskische hat sowohl Römerherrschaft als auch als Sprachinsel inmitten von mächtigen, romanischen Sprachen bis heute überlebt.
Ich halte es für sinnlos, die letzten, Indianervölker von der Außenwelt fernhalten zu wollen. So besteht immer die Gefahr, daß sie gegen Angriffe und Gefahren von außen kaum gewappnet sind. Klar haben Krankheiten immer wieder verheerende Auswirkungen gehabt. Früher haben Krankheitswellen nicht nur Indianer, sondern auch Europäer verheerend getroffen. Man denke nur an die Pestwellen in Europa. Nicht zuletzt wußten die ersten europäischen Siedler selbst nicht, daß sie Krankheiten mitbringen, die Indianer besonders hart treffen würden. Es war allerdings ein Verbrechen, Indianer mit Absicht anzustecken durch Überreichung von Gegenständen. Andererseits hat doch bestimmt die neuzeitliche Medizin dafür gesorgt, daß die Zahl der Indianer überall wieder beständig angestiegen ist. Vorsichtsmaßnamen gegen ansteckende Krankheiten sind natürlich wie überall auf der Welt geboten.
Neuseeland ist für mich ansatzweise ein Vorbild, wie man einheimische Sprachen am besten bewahrt und stärkt. Dort beschränken sich Maßnahmen zur Neubelebung der Maori-Sprache nicht auf Maori-Siedlungen. Die Sprachpolitik ist auf das ganze Land bezogen. Tatsächlich finden sich in Spracheintauch-Schulen - und Klassen nicht ausschließlich Maoris, sondern auch ein kleinerer Teil andersstämmiger Schüler. In Neuseeland gibt es nur eine einzige einheimische Sprache. Andererseits ist Neuseeland auch viel kleiner als viele amerikanische Staaten. Es wäre wünschenswert, daß in Neuseeland noch entschiedener und flächendeckender gehandelt würde.
Die Indianer müßten dazu angehalten werden, im Umkreis ihres Reservats zu bleiben, wenn sie es verlassen, damit sie auch in der Stadt die Kultur und Sprache ihres Volkes pflegen können. Es wäre sogar eine Chance, wenn das Vorhandensein von Indianern in Kleinstädten für Nicht-Indianer verstärkt sichtbar würde. Indianer müßten überal in Amerika in der Schule als Lehrinhalt vorkommen. Ich finde es erschreckend, wie wenig Indianersprachen in den USA in allgemeinen Schulen immer noch unterrichtet werden. Immerhin haben sie einen starken Bezug zur Gegend, in der US-Amerikaner wohnen. In einigen lateinamerikanischen Ländern und anderen Gegenden mit hohem Anteil von Indianern wäre flächendeckende zweisprachliche Schulbildung für alle Schüler sinnvoll. Auch vor dem Hintergrund, daß viele heute Mischlinge sind und außerhalb von Reservaten leben, wäre es heute unbedingt ratsam, Sprachpolitik zu Gunsten einheimischer Sprachen überall in der Gemeinde, Stadt, im Kreis, Bundesstaat oder Land umzusetzen.