POSTKOLONIALISIERUNG " im Showbusiness"




Moderatoren: Elk Woman, Bärbel

POSTKOLONIALISIERUNG " im Showbusiness"

Beitragvon Elk Woman » Di 5. Sep 2023, 16:37

Postkolonialismus

ist eine geistige und politische Strömung,
die sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts
in Auseinandersetzung mit der Geschichte
des europäischen Kolonialismus und Imperialismus entwickelte.

Sie wird dem Poststrukturalismus zugerechnet und beschreibt ein „dialektisches Konzept",

das zum einen die Dekolonialisierung und politische Souveränität der ehemaligen Kolonien
gegenüber ihren Kolonialmächten zugrunde legt,
zum anderen aber ein Bewusstsein für das Fortbestehen imperialistischer Strukturen
in verschiedenen Lebensbereichen wie z. B. der Politik und Ökonomie schaffen will.


Postkolonialistische Theoriebildung existiert unter anderem in Geographie, Geschichtswissenschaft, Kulturwissenschaft,
Literaturwissenschaft, Politikwissenschaft, Soziologie, Religionswissenschaft und Theologie.

Postkolonialistische Ansätze untersuchen Kultur und Identität der durch Kolonialisierungskontexte geprägten Nationen
oder Bevölkerungsgruppen



Eigentlich ist für uns heute nur der letzte Satz besonders interessant geworden,
wenn es hierzulande in konträren Diskussionen über alte Postkartendarstellungen von Indigenen geht,

die durchaus einem " Werbezweck"
für bestimmte Investoren (und Veranstalter/Veranstaltungen) beinhalteten,


als "ganz natürliche historische Dokumente"... denen ´verkauft werden sollen´,
die sich bisher weniger mit dto. Hintergründen befassten.


Im "SHOWBUSINESS"

Nehmen wir ein paar Beispiele dieses "postkolonialen Geschäftes.
z.B. mit der Darstellung von Indianern und ìhren Kulturen..`auf nachcolorierten alten Postkarten,
so wie sie zum Verkaufsschlager wurden ..
und als Sammelobjekte in deutsche Wohnstuben kamen
:

Am Beispiel Hagenbeck (Hamburg) :

"Auch auf dem Gelände seines neuen Zoos fand Hagenbeck einen Platz für seine Völkerschauen,
die nach und nach zu aufwändigen Spektakeln anwuchsen.

Besonderen Erfolg hatte 1910 Hagenbecks Wild-West-Show:

42 Sioux-Indianer und zehn Cowboys boten dem Publikum ein Spektakel,
das ihm aus den Romanen Karls Mays bekannt war:

Kriegsgeschrei und Friedenspfeife, Überfälle auf Postkutschen und wirbelnde Tomahawks
bescherten dem Tierpark einen neuen Besucherrekord.

Dabei hatte der Impressario selbst zunächst Bedenken gehabt:

Die Sioux waren erfahren im Völkerschaugeschäft und verlangten hohe Gagen.
Außerdem sprachen sie Englisch und konnten sich mit dem Publikum verständigen.
Tatsächlich mussten nachts wiederholt Völkerschaudarsteller aus den Hamburger Kneipen geholt
oder indianisch-deutsche Liebespaare getrennt werden.

Die erfolgreichen Menschenschauen fielen in die Hochphase des europäischen Kolonialismus
vor dem Ersten Weltkrieg,
eine Epoche, in der Kaiser Wilhelm II. für Deutschland einen "Platz an der Sonne" forderte.

Die meisten Zeitgenossen, wie auch Hagenbeck selbst,
empfanden die Ausstellung von exotischen Menschen neben exotischen Tieren nicht als anstößig -
schließlich waren sie fest von der Überlegenheit des "weißen Mannes" überzeugt.

Noch bis 1931 führten Carl Hagenbecks Söhne die Völkerschauen fort,
erst in den dreißiger Jahren löste das Kino als Ort für Exotik die Inszenierungen ab."


https://www.spiegel.de/geschichte/zoo-spektakel-im-kaiserreich-a-948152.html

https://www.michael-mueller-verlag.de/de/wussten_sie_dass_hagenbecks_voelkerschauen/

Und hier die Kontroverse :

Hagenbeck: Johan Adrian Jacobsen organisierte die legendären Völkerschauen.

Er holte Eskimos aus Grönland. Indianer aus Nordamerika. Lappländer aus Norwegen. Menschen,
die bis dato nichts von der Welt kannten - und die die europäische Welt höchstens dem Namen nach kannte.
Johan Adrian Jacobsen, Impresario, Sammler und Weltenbummler, organisierte für Carl Hagenbeck
zwischen 1877 und 1926 die legendären Völkerschauen.

Über einen norwegischen Freund von der Seemannsschule hörte er, dass Carl Hagenbeck jemanden suchte,
der für ihn eine Eskimo-Schau mit ethnographischer Sammlung zusammenstellte. Jacobsen übernahm die Aufgabe
und war wenige Wochen später an Bord der Brigg "Walfisch" auf dem Weg nach Grönland. Seine erste Völkerschau
wurde gleich ein voller Erfolg. Jacobsen arbeitete in den folgenden Jahren als Sammler für das Berliner Völkerkundemuseum,
stellte die Bella-Coola-Völkerschau mit Indianern von der Amerikanischen Westküste für Hagenbeck zusammen
und arbeitete für ihn auf der Chicagoer Weltausstellung 1893.
1907 übernahm er mit seiner Frau Hedwig das Restaurant im neu gegründeten Tierpark in Stellingen
und veranstaltete hier 1910 die wohl aufsehenerregendste Völkerschau überhaupt:
Die Wild-West-Völkerschau mit Sioux-Indianern. 1926 holte er für eine letzte Völkerschau Lappländer aus Norwegen
. "

Nachsatz :

Und dazu die Stellungnahme von dem, wo diese "Schätze" nun sein Museum füllen (und dem sie auch wieder zu Ehren gereichen sollen..) :

"Die Völkerschauen bei Hagenbeck waren hochprofessionell gemacht und stehen zu Unrecht immer noch in der Kritik", sagt Prof. Wulf Köpke (50),
Direktor des Museums für Völkerkunde.
Hagenbeck und Jacobsen hätten sich, ganz anders als bei ähnlichen Veranstaltungen in Europa, sehr um die mitgebrachten Menschen gekümmert
und wertvolles ethnologische Material, zum Beispiel Fotografien, gesammelt.
Das Material, das im Museum lagert - "ein Nationalschatz", wie Köpke sagt - wollte jüngst ein amerikanischer Professor einsehen."


https://www.abendblatt.de/hamburg/article106719906/Der-Mann-der-die-Indianer-holte.html


P.S: Kommt mir persönlich bekannt vor , dieses "haben sich schließlich sehr um die Leute gekümmert" ..

Meine pers. Logik dazu : " Jo, man muss die Sache.. schon wertschätzen und pflegen,
die einen den Gewinn einfahren soll.."


https://humanzoos.net/?page_id=435


Hier auch das anerkannte Werk über die Völkerschauen der Kaiserzeit
von Frau Anne Dreesbach :


https://d-nb.info/103625058X/34
"No man is an Iland, intire of itselfe
(John Donne)
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von Anzeige » Di 5. Sep 2023, 16:37

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Re: POSTKOLONIALISIERUNG " im Showbusiness"

Beitragvon Elk Woman » Mi 6. Sep 2023, 13:12

Das große àbgelehnte...`"VORBILD "
der deutschen Wild-West-Shows:


DIE BUFFALO BILL - Wildwest-Show

"Weltberühmt und legendär machten den Farmerssohn,
Soldat, Indianerkämpfer, Armeescout, Ponyexpressreiter, Eisenbahnbauversorger, Büffeltöter

und Aufschneider WILLIAM BILL CODY

diverse Groschenhefte, die (völlig übertrieben) von seinen Heldentaten berichteten.

Schließlich gründete Buffalo Bill 1883 eine Showtruppe, mit der er durch Europa reiste.
Im Sommer 1890 schlug „Buffalo Bill’s Wild West Show“ ihre Zelte am Kurfürstendamm auf."

https://www.bz-berlin.de/archiv-artikel/wie-buffalo-bill-mit-seiner-wild-west-show-1890-die-berliner-begeisterte


Buffalo Bill’s Wild West in Europe

"Codys Manager organisierten zweimal täglich Aufführungen, die vor durchschnittlich etwa 30.000 Zuschauern stattfanden.
(Da die Tribüne etwa 20.000 Sitzplätze bot, spielte die Show nur für Stehplätze, die von den Aufführungen begeistert waren,
die auf "The Drama of Civilization" basierten, und zu den Bühneneffekten,
zu denen auch weitläufige gemalte Kulissen des amerikanischen Westens gehörten, die von Elektrizität beleuchtet wurden. )


Sie verfolgten auch sorgfältig die angesehenen Gäste, die die Show besuchten, und veröffentlichten ihre Porträts rund um Buffalo Bill,
um als Unterstützung für die Produktion zu dienen.
( Bis zum Ende der Amerikanischen Ausstellung im Oktober 1887 hatten weit über eine Million Menschen Buffalo Bills Auftritte gesehen,
was ihn in London genauso beliebt machte wie Benjamin Franklin ein Jahrhundert zuvor in Paris.)


Burke und Salsbury nutzten ihren Triumph in London und verlängerten geschickt die Tour des Wilden Westens durch England,
indem sie zweimal täglich Auftritte in den Industriestädten Birmingham und Manchester buchten
(wo Codys Crew spektakuläre Spezialeffekte in Form von Wirbelstürmen und Präriebränden entwickelte).

Immer wenn die Cowboys gewannen, schien dies ein weiterer Beweis für die Vitalität und Männlichkeit der amerikanischen Grenze zu sein,
wie sie in der Wildwest-Show dargestellt wurde.


Allem Anschein nach war Codys England-Tournee ein überwältigender Triumph.
Es war so erfolgreich, dass die Manager der Show, bevor die Truppe in die Vereinigten Staaten zurückkehrte,
Pläne für ein erneutes Engagement geschmiedet hatten – diesmal auf dem europäischen Kontinent.

Im April 1889 reiste Cody's Wild West nach Paris und zur Pariser Weltausstellung 1889.
(Für dieses Engagement gestaltete Cody die Show um und umfasste unter anderem die Cowboy Band,
die die französische Nationalhymne spielte, und mehrere als Pelzfänger verkleidete Künstler,
die den französischen Einfluss in Kanada repräsentierten. )


Aber die wesentliche Botschaft der Show blieb unverändert: In den Vereinigten Staaten hatte die weiße,
angelsächsische "Zivilisation" die "Wildheit" gezähmt,

was "Wilde" zu einer Quelle der Belustigung, des ethnografischen Studiums und der Inspiration
für ein gemeinsames Rassenbewusstsein unter den Weißen machte, das das Potenzial hatte, Klassenunterschiede zu verwischen.


Codys souveräner Ruf, der durch den Werbeblitz seines Vorausteams aufgebläht wurde,
löste eine überwältigende Resonanz aus.

(Mehr als 10.000 Menschen, darunter der französische Präsident Sadi Carnot, kamen zur Eröffnungsvorstellung.
Fast täglich waren die französischen Zeitungen voll von Berichten über den Wilden Westen und seine Darsteller,
insbesondere die amerikanischen Indianer, die überall Aufmerksamkeit erregten, besonders wenn sie den Eiffelturm bestiegen.

Das Berühren der Indianer wurde zu einem beliebten Sport unter jungen französischen Paaren, die, wie die Zeitungen berichteten,
dachten, dass ein solcher Kontakt die Fruchtbarkeit sichern würde!

Auch einige Kinder ließen sich von der Show inspirieren; Sie errichteten ihr eigenes Wildwest-Lager im Bois de Boulogne.

Und Rosa Bonheur, die berühmte französische Künstlerin, ging in ihrer Bewunderung für Cody so weit,
mehrere Porträts von Buffalo Bill zu malen und nach dem Tod des Tieres um den Kopf von Buffalo Bills Pferd für ihr Atelier zu bitten (und zu erhalten).

Den ganzen Sommer über, als die Erinnerungsstücke von Buffalo Bill mit den Souvenirs der Ausstellung als beliebte Andenken wetteiferten,
gab es guten Grund zu der Annahme, dass das Hauptereignis in der Stadt nicht der Jahrmarkt, sondern der Wilde Westen war.

Cody, der nie unbescheiden war, ließ sich von der Bewunderung mitreißen, die er erhielt, und versuchte in einer Demonstration von Tapferkeit,
wenn nicht sogar schlechtem Geschmack, dem französischen Präsidenten ein besonderes Geschenk zu überreichen;
– eine neun Fuß hohe Lampe, gekrönt von einem konservierten Bisonkopf und einem scharlachroten Lampenschirm.

(Als Präsident Carnot das Geschenk höflich ablehnte, gab es Grund zu der Annahme, dass es den Europäern trotz aller Synergien,
die mit der "Amerikanisierung" verbunden sind, manchmal möglich war, einfach Nein zu sagen.)


Von Paris aus reiste der Wilde Westen nach Südfrankreich und Spanien.
Dann, Anfang 1890, reiste Codys Show durch Italien mit Auftritten in Großstädten, darunter Rom,
wo Papst Leo XIII. die Darsteller für einen besonderen Segen auswählte.

In Bologna spielte der Wilde Westen acht Tage lang, machte einen riesigen Gewinn
und hinterließ den Bologneser mitreißende Eindrücke des amerikanischen Westens und lebhafte Erinnerungen
an verstopfte Straßen und überfüllte Arenen.
( In Bologna und anderswo machten Wildwest-Konzessionäre das Publikum mit Popcorn bekannt
und gaben ihm einen nachhaltigen Vorgeschmack auf die amerikanische Massenkultur.)


Nachdem er sich einen Weg durch Italien gebahnt hatte, ging Codys Show nach Norden nach Deutschland,
wo sie in einen imperialen Zirkus umgewandelt wurde,
der als "Buffalo Bill's Wild West and Congress of Rough Riders of the World" bezeichnet wurde.
(Die Schau wurde um Vertreter ausländischer Truppen, darunter arabische und syrische Reiter, erweitert.)

Als Cody für einen weiteren Kommandoauftritt für Königin Victoria nach England zurückkehrte,
hatte sich seine Show auf beiden Seiten des Atlantiks einen Ruf für ihre "authentische" Darstellung des amerikanischen Westens
und für die Inspiration von Freiheitsträumen in europäischen Gesellschaften erworben,
die in klassenbasierten sozialen Hierarchien gefangen zu sein schienen.“


Europäische Reaktionen auf die Wildwest-Show:

„Betrachtet man die europäischen Reaktionen auf die amerikanische Massenkultur,
sei es in ihren frühen Formen wie Buffalo Bills Wildwest-Show, die durch Europa tourte,
oder in späteren Formen wie Hollywood-Filmen oder Werbung für amerikanische Konsumgüter,
so waren sie immer von zweierlei Art:

Einige waren auf der Ebene der artikulierten Reflexion und produzierten ein Repertoire kritischer Ansichten;
andere bestanden in selektiver Aneignung, indem sie die Auswirkungen amerikanischer Kulturexporte umlenkten,
manchmal sogar europäisierten.“

„Um das Beispiel des Buffalo Bill in Europa zu nehmen, müssen wir zwei Fragen beantworten:

Erstens stellt sich auf der Ebene der artikulierten, spezifischen Antworten die Frage,
was die Europäer in dem, was sie sahen, gelesen haben.

Was haben sie daraus gemacht?
Genossen sie es als reine Unterhaltung, als Zurschaustellung amerikanischer Exotik?
Waren sie beeindruckt von der Selbstdarstellung des Wilden Westens, seiner Beherrschung einer Form der populären Unterhaltung?
Und wenn ja, erkannten sie darin ein typisch amerikanisches Flair, das alles, was sie bisher gesehen hatten, bei weitem übertraf?

Oder war es eher eine Frage der Zugehörigkeit zu einem historischen Narrativ von Eroberung und imperialer Expansion,
dass sie sich sinnvoll auf die Welt beziehen konnten, in der sie lebten?

Die Absicht von Buffalo Bills Inszenierung war sicherlich, die Geschichte des amerikanischen Westens
mit der Geschichte der europäischen Expansion zu verschmelzen,
zu einer Zeit, als die europäische Kolonisierung die äußersten Grenzen ihrer eigenen Imperien erreichte.

Das europäische Publikum mag sich dieser größeren Verbindung bewusst gewesen sein
und die Show als Bestätigung der Ansichten über die westliche Überlegenheit
und die zivilisatorische Mission des Weißen Mannes angesehen haben.

Wenn wir uns jedoch Reaktion in Begriffen von Rezeption und Aneignung vorstellen,
müssen wir eine längerfristige Perspektive einnehmen:

Wir müssen uns fragen, inwiefern sich der Wilde Westen mit Vorstellungen über den amerikanischen Westen überschnitten hat,
die bereits von früheren Bildträgern geprägt worden waren;
in Romanen von Franois René de Châteaubriand und James Fenimore Cooper,
durch Journalismus, Reiseberichte, Briefe von Einwanderern oder Bildmaterial
wie Gemälde, Zeichnungen, Drucke, und Fotografien.


Tatsächlich hatte die europäische Fantasie des amerikanischen Westens
bereits ihre eigenen populären Autoren hervorgebracht;

wie Balduin Mollhausen und Karl May in Deutschland, Gustave Aymard in Frankreich und Mayne Reid in England.

Der amerikanische Westen war bereits vereinnahmt
und als Projektionsfläche für europäische Phantasien geschaffen worden,

etwa von weiß-indianischer männlicher Bindung in einem Setting,
das an deutsche Träume von unberührter Natur erinnert, wie in Mays Romanzen,
oder im Gewand eines quasi-anthropologischen Exotismus, wie in Aymards Geschichten.

Um es etwas anders auszudrücken:

Der Wilde Westen hat in einem Teich, der bereits mit Bildern des amerikanischen Westens gefüllt war, für Furore gesorgt.
Ebenso wichtig ist es, sich daran zu erinnern;

- dass Europa nie nur ein homogener Schauplatz für die Rezeption
von Buffalo Bills Wildwest-Show als vollendete Form der amerikanischen Massenkultur war.-

Jedes europäische Land hatte zu dieser Zeit seine eigene spezifische Geschichte in der Fiktionalisierung des amerikanischen Westens.

Unter den europäischen Ländern zum Beispiel bietet Deutschland den deutlichsten Fall einer langjährigen Verliebtheit in den Indianer.

Dies mag mit einer romantischen, wenn nicht gar nostalgischen Zugehörigkeit zu Völkern zu tun gehabt haben,
die vom Vormarsch der Zivilisation bedroht waren;

eine Zugehörigkeit, die die Merkmale einer Projektion von Gefühlen des Verlusts kultureller Orientierung aufwies,
die in einem sich selbst rasch modernisierenden Deutschland vorherrschten.

Wie Hans Rudolf Rieder, Übersetzer und Herausgeber von Langspeer:
Eine Selbstdarstellung des letzten Indianers, 1929 es ausdrückte:

"Der Indianer ist dem Deutschen näher als irgendein anderer Europäer.
Das mag daran liegen, dass wir uns stärker für das Naturnahe interessieren."


Karl May, der wichtigste Gestalter der deutschen Ansichten über die Indianer,
betrachtete die amerikanischen Ureinwohner als im Wesentlichen gut.

Ihr großer Vorteil gegenüber den Weißen bestand in der Fähigkeit, die Natur zu verstehen und mit ihr zu harmonieren.
Heribert von Feilitzsch drückt es so aus:

May "hat in dieser Darstellung die Stimmung der Deutschen eingefangen,
die in einem sich rasch industrialisierenden Land leben.


Die traditionelle deutsche Anziehungskraft auf Natur und Romantik wuchs in einer Welt,
die sich zu einer zunehmend sterilen und kalten Umgebung zu entwickeln schien.

In Mays Romanen konnte sich der Leser mit dem amerikanischen Ureinwohner identifizieren,
der ebenfalls mit der Zerstörung seines Lebensraums konfrontiert war,
und zwar aus ähnlichen Gründen: rücksichtsloser Materialismus."


Im Jahr 1876, dem Jahr der Schlacht am Little Big Horn, schrieb May selbst in seinen Geografischen Predigten diese Passage:
"der Ort jenes verzweifelten Kampfes, in dem der Indianer seinen letzten Pfeil
gegen den Exponenten einer blutrünstigen und rücksichtslosen 'Zivilisation' fliegen lässt. ...
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die "Rothaut" noch Herr der weiten Ebenen...
Aber dann kam das 'Bleichgesicht', der weiße Mann, vertrieb den 'roten Bruder' aus seinen Jagdgründen ...
Aber Traditionen werden ihren goldenen Glanz um den verschwundenen Krieger der Savanne weben,
und die Erinnerung an die Todsünde,
die gegen den Bruder begangen wurde, wird im Lied des Dichters weiterleben."


Exotisch und faszinierend mögen die Indianer für Europäer gewesen sein.

Gleichzeitig hatte man das Gefühl, dass hier die letzte Mohikaner,
die Vertreter einer verschwindenden Rasse, hier ausgestellt waren,
die ihre historische Niederlage durch die Weißen nachstellten.


Das, da waren sich weiße Europäer und Amerikaner einig, war der Lauf der Geschichte.

Diese tragische Dimension könnte das Interesse an den Indianern von Buffalo Bill als lebenden Vertretern einer anderen Rasse
sogar noch gesteigert haben.

Ein Großteil der europäischen Presse räumte den indianischen Wohnvierteln mit ihren Tipis,
die auf dem Gelände der Show aufgestellt wurden,
den gleichen, wenn nicht sogar mehr Raum ein als dem historischen Drama, das die Wildwest-Show ausmachte.

Eine italienische Zeitung drückte es so aus:

"Ihre Augen sind gut und stolz, sie haben die Sanftmut einer sterbenden Rasse."

Doch ihr Bild als blutrünstige Wilde, das zu dieser Zeit in Europa weit verbreitet war,
durchdrang auch einen Großteil der Presseberichte.


Es wurde weiter verbreitet durch europäische Äquivalente amerikanischer Groschenromane
und Pulp-Magazine mit Namen wie Buffalo Bill, der Held des Wilden Westens.

Die Serie änderte nichts an diesen Eindrücken,
da ihr zentrales Drama die Indianer immer als wilde Aggressoren darstellte,
die schließlich von Buffalo Bill und anderen Helden besiegt wurden.


Die Verliebtheit in den Indianer war jedoch nicht die einzige Romanze,
die die Europäer beschäftigte.

Bevor Buffalo Bill in Europa auftauchte, waren auch die Europäer von dem Cowboy fasziniert.

Der Reiz von Buffalo Bills Wild West lag ebenso sehr im Heldentum des Pioniers und Grenzgängers – Geschichten,
die Cody durch die atemberaubende Beherrschung von allem, was mit Pferden zu tun hat, durch seine Darsteller neu inszenierte.

Infolge des Wilden Westens wurden die beiden Romanzen miteinander verbunden,
und Kinder, die in Europa aufwuchsen, spielten über Generationen hinweg Cowboys und Indianer.
Buffalo Bill stieß also in Europa offensichtlich auf eine Welt, die bereits von Bildern des amerikanischen Westens belebt war.

Während Cody in seiner Show vielleicht eingängiger war als andere, mit anderen Worten "amerikanischer", ist es wichtig zu fragen,
ob das europäische Publikum diesen Unterschied bemerkt hat.


Oder war der Wilde Westen nur eine weitere Tourneeshow, die den amerikanischen Westen in einen Festzug verwandelte,
nur besser als konkurrierende Shows?

Wie sich herausstellte, gab es in der europäischen Reaktion klare Momente,
die von einem Bewusstsein für die Amerikanität von Buffalo Bills Wildem Westen sprachen:

Die Wildwest-Show, die 1883 als "America's National Entertainment" angekündigt wurde,
fing ein, was im amerikanischen Leben frisch und originell war
– was am wenigsten an Traditionen gebunden war und europäische Vorbilder nachahmte.

Mark Twain spürte dies sicherlich, als er an Buffalo Bill schrieb,
nachdem er 1886 die Wildwest-Ausstellung vor ihrem ersten Besuch in Europa gesehen hatte:

"Auf der anderen Seite des Wassers wird oft gesagt, dass keine der Ausstellungen,
die wir nach England schicken, rein und eindeutig amerikanisch ist.
Wenn man sich die Wild-West-Show dort anschaut, kann man diesen Vorwurf aus dem Weg räumen."


Aber, wie der Historiker John Sears in einem scharfsinnigen Essay dargelegt hat,
so sehr es der Ausstellung auch gelungen sein mag, die "Wildheit" des Westens zu verkörpern,
so sehr war die Ausstellung ebenso eine Zurschaustellung
der Produkte der industriellen Zivilisation des neunzehnten Jahrhunderts wie des wilden Lebens an der Grenze.

Der Schlüssel zu der ganzen Angelegenheit waren nicht die wilden Männer und Tiere,
die Indianer, die Grenzgänger, die bockenden Broncos und Büffel,

sondern der Revolver und die Repetiergewehre, zwei der innovativsten Produkte der industriellen Zivilisation
des neunzehnten Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten.

Sie waren Produkte dessen, was die Amerikaner – und die Europäer bewundernd und neidisch – das "American System of Manufactures" nannten,
in dem Werkzeugmaschinen es zunehmend ermöglichten, präzise, austauschbare Teile herzustellen.

Beide Arten von Schusswaffen, wie sie in der Serie verwendet wurden,
wurden als Vermittler zwischen einer Welt zunehmender technologischer Präzision und dem freilaufenden Leben der Grenze gesehen:

Das Herzstück der Show war eine Schießerei, die die praktische und symbolische Rolle von Waffen in der amerikanischen Kultur ritualisierte.
(In Europa war die Waffe aus einer Reihe historischer Gründe nie zu einem bedeutenden Symbol in der Populärkultur und Folklore geworden.)

Zwei der berühmtesten Schusswaffen, die durch die technologische Revolution in Amerika hergestellt wurden,
waren der Colt-Revolver, der 1835 von Samuel Colt erfunden wurde, und das Winchester-Repetiergewehr.

Sie waren die Hauptwaffen, die von Buffalo Bill, Annie Oakley, Johnny Baker und den anderen Scharfschützen
in der Wildwest-Show verwendet wurden.

Ohne solch schnelles Feuern und präzise Waffen wären weder die Wildwest-Show noch die Eroberung des Westens,
die die Show nachstellte, möglich gewesen.


„Die Schießvorführungen waren nicht die einzige Möglichkeit, mit der der Wilde Westen amerikanisches Know-how zur Schau stellte:

Die Methoden, die Ausstellung bekannt zu machen, indem Städte mit Plakaten überzogen wurden,
erregten auch internationales Interesse.

- Die Produktion der Show selbst war eine Demonstration der sich schnell entwickelnden Technologien des Drucks,
der Reproduktion von Bildern und der Werbung. -


(Wie der kubanische Nationalist und Dichter José Mart den Lesern mehrerer spanischsprachiger Zeitungen erklärte:
"'BUFFALO BILL' lesen wir in großen farbigen Lettern an jeder Ecke, Holzzaun, Schild, Sackgasse in New York.
Sandwich-Männer – so nennt man sie – gehen durch die Straßen, eingepfercht zwischen zwei großen Brettern,
die vorn und hinten fallen, und schwanken wie der unbekümmerte Kerl, der sie trägt,

während die Menge lacht und die hellen Buchstaben liest, die in der Sonne glänzen: 'The Great Buffalo Bill'."
Wirkungsvolle Plakate gingen der Ausstellung voraus, als sie durch Europa reiste. )


Darüber hinaus war die Art und Weise, wie die Ausstellung von Ort zu Ort transportiert wurde,
Teil ihrer kulturellen Botschaft, ihres "Amerikanismus".

In den ersten zehn Jahren ihres Bestehens widmete sich die Show etwa der Hälfte ihrer Aufführungen dem europäischen Publikum.
Im Laufe der Zeit gab es in der Logik der Tourneen weniger lange Aufenthalte in großen Zentren und mehr kurze Stände.

Die daraus resultierenden logistischen Probleme wurden so geschickt gelöst, dass während der ausgedehnten Deutschland-Tourneen
laut Annie Oakley:

Zitat:
„Wir bewegten uns nie, ohne daß wenigstens vierzig Offiziere der preußischen Garde mit Notizbüchern herumstanden
und jede Einzelheit der Aufführung aufzeichneten. Sie machten sich minutiöse Notizen darüber, wie wir unser Lager aufschlugen –
die genaue Anzahl der benötigten Männer, die Position jedes Mannes, wie lange es dauerte, wie wir in die Züge stiegen,
die Pferde packten und das Lager abbrachen; Jedes Seil, jedes Bündel und jede Ausrüstung wurde inspiziert und kartiert.

Das Geheimnis für eine effiziente Verladung, das möglicherweise von der Wildwest-Show erfunden wurde, bestand darin,
die Flachwagen der Eisenbahn mit Brettern miteinander zu verbinden, so dass die Waggons in einer durchgehenden Linie abfuhren,
die bereits in Paradeordnung war, um auf dem Weg zum Messegelände durch die Innenstadt zu fahren.
Was das deutsche Militär als nachahmenswert erschien, war eindeutig ein Beispiel für amerikanischen organisatorischen und logistischen Scharfsinn.“


Aber nicht immer war die Wahrnehmung des Amerikanismus der Serie so positiv:

Angesichts der Popularität der Show von Buffalo Bill in Deutschland blieb eine große Nachfrage nach gleichwertigen Veranstaltungen.

So orientierten sich zwei berühmte Männer der Entwicklung der deutschen Massenkultur am amerikanischen Vorbild:
Carl Hagenbeck und Hans Stosch-Sarrasani
:

"Carl Hagenbeck, der 1907 den Zoologischen Garten Stellingen bei Hamburg gründete,
stellte nicht nur Tiere, sondern auch Menschen aus.
Auch seine Völkerschaustellungen waren ethnologisch orientiert, wie es zuvor in Deutschland der Fall gewesen war.

Im Sommer 1910 ließ er in seinem Zoo eine ganze Indianeragentur einrichten, in der eine Gruppe von Sioux-Indianern
unter Häuptling Spotted Weasel von den Besuchern beobachtet werden konnte.

Die Ausstellung enthielt ein Programm, das dem von Buffalo Bill ähnelte, mit Indianerangriffen auf eine Blockhütte
und eine Postkutsche sowie Pferdediebstahl.“


„Der Zirkusdirektor Sarrasani weigerte 1912 sich, sein Zirkustheater in Dresden
ohne exotische Indianer einzuweihen,
und so beauftragte er eine Gruppe von zweiundzwanzig Sioux aus dem Pine Ridge Reservat mit Auftritten.

Seit 1901 hatte Sarrasani ein beeindruckendes Unternehmen aufgebaut, dessen herausragende künstlerische Leistungen
durch unkonventionelle Ideen zur Geltung kamen und sich der modernen Werbung zunutze machten.

Als Mann des praktischen Lebens war er immer auf fachliche Kompetenz bedacht.
Bis etwa 1932 erschienen sieben Ausgaben von Sarrasani, die die Arbeit seines Zirkus dokumentierten
und die Absichten von Stosch-Sarrasani zum Ausdruck brachten.
In einer Ausgabe hieß es mit der ihm eigenen Bescheidenheit:
"Was Bayreuth für den Opernliebhaber ist, ist Sarrasani für den Zirkusliebhaber."

Wie Rudolf Conrad erzählt, waren Sarrasanis Versuche, seinem Unternehmen ein bestimmtes Image zu geben,
natürlich von Polemik gegen alles begleitet, was seinen Exklusivitätsanspruch in Frage stellte,
auch wenn er einige Ideen seiner Konkurrenten übernahm und nachahmte.
In Bezug auf den Wilden Westen wollte Sarrasani eine klare Grenze ziehen zwischen der amerikanischen Show
und dem, was er selbst dem Publikum bot:

Zitat:

„Die Amerikaner, die damals quer durch Europa gezogen waren, um das goldene Geld einzusaugen,
waren keine Vorbilder, waren fast abstoßend.
Mit ihrem System der drei Stufen blufften sie das deutsche Bedürfnis nach Qualität und Schönheit.
Sobald der Bluff vorbei ist, wird das amerikanische Kaufhaussystem, die Methode des Großhandels von den Deutschen abgelehnt...

Der alte Colonel Cody, selbst ein Kämpfer in den letzten Indianerkriegen,
hatte eine Leibwache von unterworfenen Rothäuten um sich gebildet, sie folgten ihm nach Europa und verschwanden mit ihm.
In seinen Pferdeopern waren sie fast unbemerkt geblieben.“


In dieser Aussage steckt mehr als nur ein bisschen Piqué und Jalousie de Métier.
Doch die Wortwahl ist vielsagend:

Sarrasani ist darauf aus, auf die inhärente Amerikanistik von Buffalo Bill
und andere Merkmale des amerikanischen Lebens hinzuweisen,
die nach Europa kommen, nur um nach einer Weile, wie Sarrasani sagt, abgelehnt zu werden.

Ironischerweise übersah er jedoch bei dem Versuch, den Bluff der Amerikaner zu entlarven, eine entscheidende Zutat:

Die Amerikaner mögen sich ihren Weg durch Europa geblufft haben,
aber sie haben sicherlich ein deutsches und allgemeineres europäisches Bedürfnis nach Authentizität befriedigt.

Das "Wildwest-Fieber", das durch Buffalo Bills Show in Europa ausgelöst wurde,
hatte vor allem mit dem Anspruch der Show zu tun:

"das Echte" zu repräsentieren, von dem die Menschen in Europa jahrelang gelesen und geträumt hatten.

Die Wildwest-Show war schnelle, aufregende Unterhaltung, die mit den großen Zirkussen konkurrierte,
die etwa zur gleichen Zeit in den Vereinigten Staaten und etwas später auch in Europa entstanden,
aber etwas bot, was die Zirkusse nicht hatten: Authentizität.

Wie der Liverpool Mercury es 1891 ausdrückte, ist es "ein Stück Wildwesten, das körperlich in unsere Mitte transportiert wird ...

Es ist keine Show im gewöhnlichen Sinne, denn die Schauspieler sind alle reale Charaktere – Männer, die nicht auf der Bühne,
sondern im wirklichen Leben eine Rolle gespielt haben."
(Kein Verkaufsargument hat die Öffentlichkeit auf der ganzen Welt stärker für Formen der amerikanischen Massenkultur
geweckt als der Anspruch auf Authentizität:
Es war eine Lektion, die andere in nicht allzu ferner Zukunft lernen und anwenden würden.
Zum Beispiel würde Coca-Cola als "das Echte" beworben werden.
Levi's Jeans wurde viele Jahre lang als "das Original von Levi's" beworben, ein amerikanisches Original.
Das ist genau das, was Buffalo Bill auch versprochen hatte, indem er echte Indianer, echte Büffel,
echte Cowboys und den Westen, wie er wirklich war oder gewesen war, nach Europa brachte. )


Wie ihre amerikanischen Kollegen fielen auch die Europäer größtenteils auf diesen Trick herein.

"Sie liebten es und lehnten sich nie zurück, um Buffalo Bills Bluff in dieser Hinsicht zu nennen.
Heute zieht ein Wildwest-Themenpark vor den Toren Münchens jährlich über eine Million Besucher an,
und ein Dutzend weiterer Wildwest-Attraktionen erstrecken sich von Spanien bis Skandinavien.“


https://press.uchicago.edu/Misc/Chicago/732428.html

Copyright-Hinweis: Auszug aus den Seiten 105-17 von Buffalo Bill in Bologna:
The Americanization ft he World, 1869-1922 von Robert W. Rydell und Rob Kroes,
herausgegeben von der University of Chicago Press. 2005 von der University of Chicago. © Alle Rechte vorbehalten.
Dieser Text darf in Übereinstimmung mit den Fair-Use-Bestimmungen des US-Urheberrechtsgesetzes verwendet
und weitergegeben werden, und er kann in elektronischer Form archiviert und weiterverbreitet werden,
vorausgesetzt, dass dieser gesamte Hinweis, einschließlich der Copyright-Informationen, mitgeführt wird.

https://press.uchicago.edu/ucp/books/book/chicago/B/bo3533970.html

https://www.youtube.com/watch?v=kjIH5AUglos
(Position 1:29 bis 3:20)
(man sieht förmlich die "Freude" der Indiane.-Darsteller "am Spiel"...)

https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/land-und-leute/buffalo-bill-in-muenchen-schreiber100.html

https://www.schloesser-und-gaerten.de/fileadmin/Presse/pressemeldungen/17_heidelberg/ssg_heidelberg_pm_buffalo-bill-in-mannheim-und-schloss-heidelberg_exotik_210427.pdf


big_denken
:idea: Fazit:

Es war also ein kompliziert gestricktes Unterfangen,
was mehrere Hintergründe und Ursachen hatte,

die nicht nur in den persönlichen Ansichten einiger
Zuschauer / Besucher, Veranstalter, ShowTeilnehmer
und heute in rein persönlichen Betrachtungen "ausschließlich aus der heutigen Sicht..."
richtig interpretiert werden kann !

Wichtig ist immer die "KOMPLEXE BETRACHTUNG" aus der damaligen Zeit heraus
(und auch die Hinterfragung : "Wem nützt es ?" = " Cui bono est ?")


e.
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Re: POSTKOLONIALISIERUNG " im Showbusiness"

Beitragvon Elk Woman » Sa 9. Sep 2023, 22:09

Wir haben heute alle Mittel uns breitgefächert Wissen anzueignen:

Und sind nicht mehr darauf angewiesen 'uns zwischen "Befürwortern oder Gegnern" zu entscheiden,
wenn es um ein fundamentales Wissen zu früheren Ereignissen geht !


Alles beginnt mit einer "Hinterfragung",
z.B. :

"Warum man Postkarten und anderes Werbematerial
aus Völkerschauen und Wild-West-Shows
immer differenziert und sensibel betrachten sollte ?

Antwort : "Sie sind zwar Sammlerobjekte, aber 'sie sind auch postkoloniale Zeugnisse' !"

Sie werben also , neben ihrer Verbreitung von Stereotypischen Darstellungen von Menschen
anderer Völker, :idea:
für die Darstellung fremder Kulturen als Ausstellungsstücke
ihrer zahlenden (und auch Lobbymäßig überlegenen) Impressario.

Beispiele:
"Postkarten in der visuellen Kultur des deutschen Kolonialismus"
https://www.hsozkult.de/exhibitionreview/id/reex-130570

"Inszenierung des Fremden", Pkt. 4.4 + 4.5 (Propaganda + Werbung)

" Leitfaden-Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontext",
Seite .34 /Beispiel 2 ('Werbeplakate für Völkerschauen')

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Re: POSTKOLONIALISIERUNG " im Showbusiness"

Beitragvon Elk Woman » So 10. Sep 2023, 13:30

Zweierlei Blick auf `Werbematerial `?

"Frau Dr. Hilke Thode-Aurora,
die seit dem Erscheinen ihres Buches „Für fünfzig Pfennig um die Welt: die Hagenbeckschen Völkerschauen“ 1989
zu dem Thema der Völkerschauen forscht und publiziert
konzentriert sich in ihrem Beitrag auf die Samoa-Schauen der Gebrüder Marquardt.“

(Anm.: Aber auch die Völkerschau anderer Indigener, wie eben der Indianer Amerikas,
kann man nicht einfach von der afrikanischer Menschenschau (Show) abnabeln und plötzlich ganz anderes sehen wollen …)


„Nachdem sie die historischen Völkerschauen um die Jahrhundertwende als Genre der Unterhaltungsindustrie vorstellt,
legt sie in ihrem Input den Schwerpunkt auf die mediale Inszenierung und Vervielfältigung stereotyper Bilder
und betont die Agency (in dem Fall ; der beteiligten Samoaner_innen) als eigenständige Akteure dabei.

Der Aufbau dieser Schauen, die auf Exotik, Erotik und dem Darstellen von Fremden und Fremdem basieren,
führte idealtypisch von einer friedlichen Dorfszene, über einen dramatischen Höhepunkt (z.B. einen Frauenraub mit Kampfszene)
zu einem HappyEnd.“

„Das heran strömende Millionenpublikum, sowie die Vermarktung mit Postern, Postkarten und Fotografien
trugen zur Verbreitung und ständigen Wiederholung von Stereotypen
und ethnischen Markierungen bei, die bis heute weitergetragen werden! “


(von : Dr. Hilke Thode-Aurora)


Anmerkung :

Ich verweise hier auch ebenfalls auf die Wissenschaftlerin Thode-Aurora,
damit es nicht zu Missverständnissen kommt,
da auch als `Gegenbeweis`..
(für eine "aufklärende ...differenzierte Darstellung von indigenen Kulturen"..? )
genau auf sie verwiesen wurde.


https://www.weiterdenken.de/de/2017/03/15/unsichtbar-4-von-der-kolonialausstellung-zum-menschenzoo
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Re: POSTKOLONIALISIERUNG " im Showbusiness"

Beitragvon Elk Woman » Di 7. Nov 2023, 13:08

Die WAHRHEIT

über William Frederick Cody ( "Buffalo Bill" )]

und seine späte " Inszenierung als Indianerfreund":

https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-william-frederick-cody-100.html

Auch noch heute fallen sich selber immer als Indianerfreunde bezeichnende
Sympathisanten darauf herein !

(Wahrlich ein grosser 'Show Man'.
Die soll es ja noch heute geben, d.h. die 'Show' mit 'Realpolitik' verwechseln
und so Fakes mit Fakten gleichsetzen...!!)

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Re: POSTKOLONIALISIERUNG " im Showbusiness"

Beitragvon Elk Woman » So 10. Dez 2023, 00:07

Und noch einmal zu den "Wild-West-Shows" im Rahmen der Völkershows
und auch deren Einordnung aus Sicht von Clara + Karl May .

(Quelle : Karl-May-Wiki)

https://www.karl-may-wiki.de/index.php/V%C3%B6lkerschau
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Re: POSTKOLONIALISIERUNG " im Showbusiness"

Beitragvon Elk Woman » Mo 1. Apr 2024, 13:51

Hier ein Aufruf aus IndianCountry selber,
an die Nachkommen

der Oglala Lakota Teilnehmer
an der "Buffalo Bill Wild-West- Show"


zur Mitarbeit der Aufarbeitung und Sicherung
alter Dokumente und Fotos :



Remembering the Wild West Show ;

" Project aims to preserve and share Lakota stories
from Buffalo Bill's Wild West Show "


AMELIA SCHAFER



"Das Projekt zielt darauf ab, Lakota-Geschichten aus Buffalo Bill's Wild West Show zu bewahren und zu teilen.

RAPID CITY, S.D. – Seit 1883 reisen Lakota-Darsteller fast 30 Jahre lang um die Welt
und traten im Rahmen der Buffalo Bill's Wild West Show an über 3.000 verschiedenen Orten auf.

Viele verschiedene historische Dokumente und Forschungsinitiativen beleuchten das Leben und die Show von William "Buffalo Bill" Cody,
aber es gibt nur wenige Projekte, die die indigenen Darsteller hervorheben, die er beschäftigte.

Ein neues Kooperationsprojekt zwischen dem Oglala Lakota College und der Clemson University
mit finanzieller Unterstützung des Nationalarchivs zielt darauf ab,

Das Projekt "Wičhóoyake kiη aglí – They Bring the Stories Back: Connecting Lakota Wild West Performers to Pine Ridge Community Histories"
ist eine gemeinschaftliche Anstrengung, um die Lakota dazu zu bringen, über das Engagement ihrer Vorfahren zu sprechen.

"Wir haben so viel Geschichte und Erfahrungen, die uns als Nation beeinflusst haben,
aber ich denke, so wenige von uns kennen die gesamte Geschichte unseres Volkes", sagte Cecelia Firethunder, Oglala Lakota
und eine Gemeindemitarbeiterin für Wičhóoyake kiη aglí. "Es ist einfach so erstaunlich wie es ist".

Kurz vor dem Ende der Indianerkriege und der Expansion nach Westen nutzten Künstler wie Cody die wachsende Nostalgie für die amerikanische Grenze,
um Zuschauer aus der ganzen Welt anzulocken.
Ursprünglich wurden in der Show Pawnee-Darsteller eingesetzt, aber später wechselten sie hauptsächlich zu Lakota-Darstellern aus dem Pine Ridge Reservat.

"Die Buffalo Bill Wild West Show war ein sehr wesentlicher Bestandteil unserer Kultur hier. So viele unserer Leute haben sich darauf eingelassen", sagte Firethunder.
"Unsere Vorfahren fuhren damals mit Zügen quer durch Amerika nach unbekanntes Terrain. Sie reisten über den Atlantik nach Europa.
Ich meine, sie hatten keine Ahnung, wohin sie gingen. Ich bin mir sicher, dass da ein gewisses Maß an Beklemmung und Furcht dabei war."

Trotz einer großen Präsenz von Lakota ist nicht viel darüber bekannt, wie viele Lakota genau in der Show auftraten oder wie alle ihre Namen lauteten.
Diejenigen, die auftraten, brachten oft Souvenirs oder Fotos zu ihren Familien im Reservat mit. Einige dieser Souvenirs sind noch heute erhalten.

Für das Projekt " Wičhóoyake kiη aglí " hoffen die Organisatoren und Forscher, Geschichten, Fotos und andere Informationen von Gemeindemitgliedern zu sammeln.

In den letzten Monaten haben Projektmitarbeiter wie Amanda Takes War Bonnett, Cecelia Firethunder und Stella Iron Cloud Radiosendungen moderiert,
Verwandte kontaktiert und auf das Projekt aufmerksam gemacht.

"Die Kommunikation mit der Community ist eine der größten Herausforderungen", so Firethunder.
"Ich denke, die meisten Menschen wollen ihre Geschichten erzählen, sie wollen, dass die Geschichte ihrer Familie aufgezeichnet
und dokumentiert wird, aber sie wollen auch sicherstellen, dass es an einem Ort ist, an dem sie gehört und respektiert werden."

Während die Wild-West-Show den Darstellern ein Einkommen und die Möglichkeit bot, die Welt zu bereisen,
verewigte sie auch Stereotypen über die amerikanischen Ureinwohner, insbesondere die Lakota:

In der Show verbrannten die indigenen Darsteller Wagen und stellten die Schlacht am Little Bighorn und andere Schlachten nach.

"Es unterstrich das Bild (der amerikanischen Ureinwohner) als gewalttätig oder dass sie wild sind und man sie fürchten sollte",
sagte Douglas Seefeldt, außerordentlicher Professor für Geschichte und Direktor des Digital History PhD p

Die Show war gewaltig. Einmal wurden über 800 Darsteller, 180 Pferde, 18 Büffel, 10 Elche und zwei Hirsche als Teil des Wild-West-Erlebnisses mitgebracht.
Während ihrer Zeit in Übersee kehrten viele Lakota nicht in ihre Heimat zurück – entweder starben sie an Krankheiten oder arbeitsbedingten Verletzungen
oder beschlossen, in Europa zu bleiben.

Viele Fotos von Darstellern haben keine Namen oder falsche Stammeszugehörigkeiten.
Um die Show interessanter und abwechslungsreicher zu gestalten, wurden einige Darsteller als Cheyenne, Arapaho
oder von anderen Stämmen aufgeführt.

Schließlich wird eine Liste der Künstler erstellt, in welcher Saison oder in welchem Jahr sie aufgetreten sind und woher sie kommen.
Es wird auch eine Liste der Darsteller erstellt, die während der Arbeit für die Show gestorben sind.

Heute wissen viele Lakota vielleicht nichts mehr von der Beteiligung ihres Vorfahren an der Sache.
Firethunder und Takes War Bonnett sagte, dass sie bereit sind, jedem zu helfen, der neugierig ist, über seine Familie zu recherchieren.

"Wenn Sie den Namen oder das Foto eines Vorfahren haben, würden wir uns freuen, wenn wir Bilder oder Dokumente
von ihnen in der Show erhalten", sagte Firethunder

Am 19. April von 10 bis 16 Uhr MST veranstalten die Projektforscher eine Scan-Party am Oglala Lakota College in Kyle, South Dakota.
Community-Mitglieder können Fotos, Schmuckstücke und andere Dokumente von Vorfahren mitbringen, die an der Buffalo Bill Show teilgenommen haben.

. "Wir hoffen einfach, dass es Menschen gibt, die einen kleinen Schuhkarton unter ihrem Bett oder auf dem Dachboden
oder etwas anderes mit einer Geschichte haben, die sie mitbringen und teilen können", sagte Seefeldt.
"Wir scannen die Sachen, geben sie ihnen zurück und geben ihnen einige Archivordner, damit diese Dokumente noch ein wenig länger haltbar sind."
Türpreise und Snacks werden bei der Veranstaltung erhältlich sein.

Schließlich werden die Forschungsergebnisse des Abschlussprojekts online über Mukurtu zur Verfügung gestellt,
eine von Indigenen erstellte Open-Source-Plattform, die für digitale Kulturerbeprojekte verwendet wird.
Auf diese Weise ist das Projekt für alle sichtbar.
Die Dokumente werden auch im Museum des Oglala Lakota College ausgestellt und ein Kurzfilm wird im National Museum of American History gezeigt."

Quelle :

https://ictnews.org/news/remembering-the-wild-west-show

https://ictnews.org/


This story is co-published by the Rapid City Journal and ICT,
a news partnership that covers Indigenous communities in the South Dakota area.

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Amelia Schafer is the Indigenous Affairs reporter for ICT and the Rapid City Journal.
She is of Wampanoag and Montauk-Brothertown Indian Nation descent.
She is based in Rapid City.
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