Das Feuer des Edison Chiloquin




Geschichte, Kultur und Sprachen der Stämme in den USA und Kanada
Tribal history, culture, and languages in the USA and Canada

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Das Feuer des Edison Chiloquin

Beitragvon Hetane » So 8. Mai 2011, 18:27

Ich bin nun schon einige Woche in diesem Forum angemeldet. In dieser Zeit wurde schon einige Male über das "Wigwamfeuer" geschrieben. Mehrfach erinnerte ich mich dadurch an ein Feuer, welches einmal eine ganz besondere Rolle gespielt hat. Vor vielen Jahren wurde ich einmal durch einen US - Spielfilm auf dieses Feuer aufmerksam, irgendwann habe ich dann mal begonnen, diesbezüglich zu recherchieren...

Die Klamath - Nation gehört zur Sprachgruppe der Penuti. Seit mehr als zehntausend Jahren lebten sie im südlichen Oregon sowie nördlichen Kalifornien. Obwohl sie verhältnismäßig spät in Kontakt mit den Weißen kamen, wurde ihnen im Jahre 1864 per Vertrag ein Reservat zugewiesen, auf welchem sie zusammen mit den Modoc und Yahooskin lebten. Das ursprüngliche Land dieser drei Stämme schrumpfte auf etwa ein Zehntel seiner Fläche.
Der früher weitreichende Handel mit mehreren Stämmen wurde durch die Reservation beschränkt und die Wirtschaftsform der Klamath geriet ins Wanken. Die Klamath waren ebenso vom >Dawes Act< ( Aufteilung des Reservationslandes) sowie einiger zusätzlicher Landverluste betroffen. Gleichwohl konnten die Klamath in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts diese Nachteile durch Holz – und Viehhandel ausgleichen. Zu Beginn der 1950 er Jahre waren die Klamath einer der reichsten Stämme des Landes, mit einem nahezu gleichen Pro – Kopfeinkommen wie der Landesdurchschnitt. In 1953 wurden die Klamath zum Opfer eines brutalen Gesetzes seitens der US – Regierung. Die Regierung hatte seinerzeit beschlossen, ( gegen den Willen der betroffenen Stämme sowie des BIA ) den Status einzelner Reservationen als auch die „Existenz“ einzelner Stämme zu beenden.
Der >Termination Act< war ein erneuter Versuch, die indianische Kultur „verschwinden“ zu lassen. Speziell für die Klamath bedeutete die >House Concurrent Resolution 108 < die Beendigung sämtlicher Schutzmaßnahmen, Hilfsleistungen beispielsweise im Gesundheits Bildungs-und Wohnungswesen. Eine weitere Folge dieses Gesetzes war der Verlust von etwa 880.000 acre besten Waldlandes. Ein möglicher Rückkauf wurde durch dieses Gesetz unmöglich gemacht, da diese Flächen nur in Blöcken ab 5000 acre angekauft werden konnte.
Somit hatte kein Stammesmitglied die Chance, früheres Stammesland zu erwerben. Das Land erwirtschaftete den USA in den folgenden dreißig Jahren etwa 250 Millionen Dollar. Nach einer Neubewertung des Landes zahlte man einzelnen Stammesmitgliedern einen Ausgleich.
Etwa 1500 Stammesmitglieder erhielten eine einmalige, anteilige Beteiligung in Höhe von etwa 43000 Dollar. Der Grossteil dieser Gelder ging jedoch durch windige Geschäfte der hierzu verantwortlichen Anwälte verloren. Der Termination Act führte außer dem Verlust weiteren Landes auch zum Verlust der Identität des Stammes. Diese Folgen führten u. a. dazu, dass in den Jahren 1966 bis 1980 :

28 % der Klamath unter 25 Jahren verstorben sind
52 % der Klamath unter 40 Jahren verstorben sind
40 % aller Todesfälle alkoholbedingt waren
die Kindersterblichkeit war zweieinhalbmal so hoch wie im Landesdurchschnitt
die Armut war dreimal so hoch wie bei Nichtindianern der Region Klamath County

Die Klamath wurden sodann noch für den „Ausverkauf“ ihres Landes und indianischen Erbes verspottet. Während ein Teil der Klamath resignierte, kämpften traditionelle Klamath weiter um ihr Recht. Sie sprachen mit ihren eigenen Stammesmitgliedern, mit Abgeordneten des Kongresses, mit staatlichen und kommunalen Vertretern und vielen Menschen die ihnen zuhörten. Oftmals wurde ihnen gesagt, dass es keine „Wiederherstellung“ der Klamath geben würde. Aber der spirituelle Wille, verbunden mit der Hilfe einiger Regierungsvertreter führte schließlich in 1986 zum >Klamath Restoration Act< Das Gesetz führte zur „Wiedergeburt“ der Klamath – Nation und ihrer Reservation. Heute gibt es etwa 2900 eingetragene Mitglieder des Stammes. Die Stammesverwaltung hat ihren Sitz in der Kleinstadt Chiloquin, am Zusammenfluss des Sprague – und Williamsonriver…


„Die Erde ist meine Mutter, ich kann nicht meine eigene Mutter verkaufen“
( Edison Chiloquin)

Edison Chiloquin wurde in 1923 geboren. Sein Großvater war ein „Headman“ der Plaikni, einer Untergruppe der Klamath, nach ihm wurde die heutige Stadt benannt. Edison Chiloquin kämpfte im Zweiten Weltkrieg für die USA, er wurde mit dem „Silver Star“ sowie zwei „Purple Heart“ ausgezeichnet. Durch den Termination Act wurde er heimatlos. Chiloquin gehörte zu denen, die um ihr Recht kämpften. Als auch er „ausgezahlt“ werden sollte, lehnte er das Geld ab. Im April des Jahres 1976 errichtete Edison Chiloquin auf dem ehemaligen Standort des Lagers seines Großvaters (Plaikni – Village ) am Ufer des Sprague – River ein Lager und entflammte ein „Heiliges Feuer“ Er schwor, das Feuer solange brennen zu lassen, bis er sein Land zurück erhalten würde. Das Feuer sollte insgesamt für die Dauer von mehr als sechs Jahren brennen – ohne auch ein einziges Mal zu erlöschen. Ende 1980 wurde von dem damaligen US – Präsidenten Carter der <Chiloquin Act< erlassen. Dieses Gesetz gab der Familie von Edison Chiloquin das Landstück mit etwa 580 acre als Eigentum zurück. Eine Bedingung dafür war die stammeskulturelle Nutzung dieses Landes. Der Chiloquin Act gilt als erster Fall, dass ein einzelner „Indianer“ Land von den USA eingefordert und zurück erhalten hat. Ein acre entspricht ca. 0,40467 Hektar, ein Hektar sind 10000 qm.
In 1986 errangen die Klamath einen weiteren Sieg. Der US – Kongress beschloss den >Klamath Restoration Act< wodurch die Reservation „wiedereröffnet „ wurde. Ein Großteil der ursprünglichen Fläche des Reservates ist heute Bestandteil des Winema National Forrest sowie des Fremont National Forrest.

Edison Chiloquin lebte bis 2003. In 1983 entstand der US - Spielfilm >Sacred Ground<
Dieser Spielfilm heißt in der deutschen Synchronisation >Am heiligen Grund<
Im Vorspann dieses Filmes wird ein Vorwort zum Film in Englisch gezeigt und von einem deutschen Sprecher vorgelesen. Im Text wird daraufhin gewiesen, dass dieser Film dem Wirken von Edison Chiloquin am „Heiligen Grund" gewidmet ist

Ergänzend ein Link mit einem Foto von Edison Chiloquin:

http://people.tribe.net/chiloquin/blog/ ... a4ff1eca60

Grüße Hetane
Hetane
 

von Anzeige » So 8. Mai 2011, 18:27

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Re: Das Feuer des Edison Chiloquin

Beitragvon Jana » So 8. Mai 2011, 20:02

Hallo Hetane,

danke für dieses Thema und allgemein für deine fleißige Mitarbeit in unserem Forum (das musste mal gesagt werden :) ). Dieser Beitrag ist ein deutliches Beispiel dafür, dass negative Entwicklungen doch gelegentlich wieder rückgängig gemacht werden können und das Engagement eines Einzelnen zum Erfolg führt und Symbolcharakter entwickelt.

Der Termination Act hatte auf viele Stämme ähnliche Auswirkungen wie auf die Klamath. Die Entwicklung bei den Menominee verlief z.B. fast identisch. Durch die Aufhebung des Reservations- bzw. die Aberkennung des Stammesstatus konnten die Gebiete dieser Nationen ungehindert zerstückelt und die Ressourcen (Wald, Bodenschätze) ausgebeutet werden, ohne dass die Indigenen davon profitierten. Ähnlich wie die Klamath mussten andere Stämme, auch die Menominee, einen langen Kampf führen, um ihre vertraglich zugesicherten Gebiete und ihre Stammesidentität zurück zu bekommen.

Der Vergleich zwischen Edison Chiloqins Feuer und unserem Wigwamfeuer gefällt mir. Hoffentlich können wir unsere Flämmchen, die manchmal etwas stärker lodern und dann wieder schwächeln, noch lange am Leben erhalten...

LG Jana
Jana
 

Re: Das Feuer des Edison Chiloquin

Beitragvon Hetane » Fr 13. Mai 2011, 19:51

Hallo "Jana"

danke für die "Blumen" . Ja, diese Geschichte um die Klamath und das persönliche Engagement von Edison Chiloquin hat mich schon wiederholt fasziniert, obwohl ich mich mit dieser Nation eher weniger beschäftigt habe. Es ist aber Eines von zahlreichen Beispielen um den Kampf sowohl einzelner als auch Gruppen von Natives, um ihr Recht oder den Erhalt ihrer Kultur zu kämpfen. Und wie auch bei diesem Beispiel, oftmals greift man eher zufällig solche Themen auf, vertieft sich aber durch entsprechende Recherchen immer mehr darin.

Ergänzend zum Thema hier noch ein anderes Bild von Edison Chiloquin:

http://www.scottwork.com/edison.html

Grüße

Hetane
Hetane
 



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