Wintu Sprachprojekt - Neue Webseite / Deutsch




Geschichte, Kultur und Sprachen der Stämme in den USA und Kanada
Tribal history, culture, and languages in the USA and Canada

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Wintu Sprachprojekt - Neue Webseite / Deutsch

Beitragvon Rob » Mi 8. Feb 2012, 09:28

Hier die neue Webseite von Stefan Liedtke, dem Linguisten des Wintu-Stammes in Nordkalifornien.
Mehr zum Sprachprojekt, zu seiner Person und Hintergrund-Info´s zu den Wintu und ihrem Bemühen kulturell zu
überleben hier :

http://www.wintu-sprache-retten.blogspot.com/

Grüße

Robert
Rob
 
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von Anzeige » Mi 8. Feb 2012, 09:28

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Re: Wintu Sprachprojekt - Neue Webseite / Deutsch

Beitragvon Hetane » Sa 11. Feb 2012, 18:44

Hallo "Rob"

das ist eine sehr interessante und informative Quelle über die Wintu und ihre Kultur, nebenbei sogar in deutscher Sprache.
Ein Kompliment an Herrn Liedtke für sein umfangreiches Wirken zugunsten der Wintu - Kultur.

Ich habe mich gerade in den letzten Wochen etwas mit der Geschichte und Kultur der Winnemem - Wintu beschäftigt und flechte deshalb hier etwas über diesen Stamm Nordkaliforniens ein.

Seit mehr als etwa tausend Jahren lebten die Winnemem Wintu entlang des Mc Cloud River, im nördlichen Kalifornien. Winnemen Wintu bedeudet > Middle Water People < weil dieser Stamm zwischen dem Sacramento – und dem Pit River Fluss lebten. Es war und ist eine sehr traditionelle Gruppe, welche ihre Entstehung sehr stark mit dem Wasser verbindet. Die nahezu wichtigste Ernährungsgrundlage bildete der Lachs, vergleichbar mit der Bedeutung des Bison für andere Stämme. In 1851 trat dieser Stamm per Vertrag ein sehr großes Gebiet an die Regierung ab, im Gegenzug sollten die Winnemem Wintu ein etwa 25 Quadrat – Meilen großes Reservat erhalten. Die Vertragsbedingungen wurden niemals erfüllt und das versprochene Land wurde ihnen gewaltsam von Siedlern und Bergleuten entrissen. Schließlich erhielt der Stamm zum Ende des 19. Jahrhunderts einige Landzuteilungen als Allotments. In den 1930 er Jahren begann die Regierung mit der Errichtung des Shasta – Staudammes. Die etwa 4480 acre Land – Allotments fielen unter jenes Gebiet, welches in der Folge des geplanten Staudammes geflutet werden sollte. Die Regierung versuchte damals die Zustimmung der jeweiligen > Allotees < ( Inhaber der jeweiligen Landzuweisung ) zu erlangen. Da viele Allotees ablehnten bzw. weil viele Allotees bereits verstorben und deren Erben nur schwer aufzufinden waren, trat ein Regierungsgesetz in Kraft ( Central Project – Indian Land Acquisition Act ) , wodurch dieses Land per Gesetz genommen werden konnte. Dieses Gesetz versprach einen entsprechenden „Landersatz“ wo die Errichtung von Wohnstätten und der Wiederaufbau der Stammeskultur durch Bundesmittel versprochen wurde. Dieser Teil dieses Gesetzes wurde nie erfüllt. Die Winnemem Wintu mussten ihr Land verlassen, in der Folge der Flutung gingen etwa neunzig Prozent ihres Landes im wahrsten Sinne des Wortes unter. Als z. b. die Veteranen dieses Stammes von ihrer Teilnahme vom Zweiten Weltkrieg heimkehrten, erblickten sie an ihrer einstigen Wohnstätte nur noch einen Wasserspiegel. Mit der Flutung gingen traditionelle Wohnstätten als auch Heilige Stätten für immer verloren. Lediglich die Toten eines Friedhofes wurden umgebettet. Bis in 1985 waren die Winnemem Wintu ein anerkannter Stamm der USA, ein wichtiger Faktor für indianische Stämme, um Bundesmittel zu erhalten. Ohne Begründung und Erklärung stoppte das Innenministerium die bis dahin erfolgte Unterstützung. Die Winnemem Wintu „verschwanden“ beim BIA von der Liste der anerkannten Stämme. Da hiervon auch die gesundheitliche Versorgung des Stammes abhängt, sind die Angehörigen seit Jahren gezwungen, medizinische Hilfe in einer gemeinnützigen Klinik zu suchen, welche eine etwa dreistündige Anreise voraussetzt. Inzwischen gibt es neue Bedrohungen für den Stamm. Es gibt Pläne, den Shasta – Staudamm zu erweitern, was die Flutung und Zerstörung der letzten verbliebenen Kulturstätten der Winnemem Wintu bedeuten würde. Betroffen ist von diesem Erweiterungsplan auch der „Indian Cemetery“ ( Friedhof ) Dieser Friedhof, ohnehin nicht im Besitz des Stammes, wurde dem „ Büro für Landkultivierung“ übereignet. Dieses Büro aber verbietet grundsätzlich Beerdigungen auf „seinem“ Land. Es ist offensichtlich, dass die Regierung besorgt ist, die Winnemem Wintu könnten der Erweiterung des Dammes im Wege stehen. Der Stamm kämpft seit Jahren gegen diese Erweiterung.

„ Beedi Yalumina ! Winnemem Wintu“ ( Never give up )

Grüße Hetane
Hetane
 

Kriegstanz gegen einen Damm

Beitragvon Hetane » Sa 25. Feb 2012, 11:59

Bereits vor dem Jahre 2000 wurden Stimmen laut, den Shasta – Damm zu erhöhen, welches die Größe der momentanen Wasseroberfläche dieses Dammes etwa verdoppeln würde. Diese Erhöhung wäre mit der Flutung von gewaltigen Landschaftsflächen verbunden. Für die Winnemem Wintu würde es die unwiderrufliche Zerstörung der etwa noch vierzig vorhandenen Kulturstätten bedeuten, ein Verlust, welcher die Fortdauer der immer noch traditionellen Lebensweise dieses Stammes ein jähes Ende bereiten würde. Als die Winnemem Wintu von diesen Plänen hörten, waren sie bestürzt und wussten zunächst nicht, was zu tun wäre. Caleen Sisk – Franco, spirituelle Führerin und gleichzeitig Stammeshäuptling, suchte Rat bei den Vorfahren und Spirits. Nach langen Gebeten wussten die Winnemem Wintu, dass sie sich wehren müssen. In 2004 wurde nach mehr als einhundert Jahren ein Kriegstanz inszeniert. In 1887 war dieser Tanz zuletzt durchgeführt worden. Damals wehrte sich der Stamm gegen die Errichtung einer Fischzuchtanlage am Mc Cloud River. Diese Anlage hätte verheerende Auswirkungen für die Lachse gehabt. Etwa ein Jahr nach dem damaligen Tanz wurde diese Anlage durch eine Flut zerstört. Unter heutigen Bedingungen ( in 2004 ) musste ein solches Vorhaben ( Tanz ) natürlich angemeldet und von der entsprechenden Behörde genehmigt werden. Da ein Feuer entzündet werden sollte und die Tänzer ihrer traditionellen Waffen ( Pfeil und Bogen, Lanzen ) tragen würden, lehnte die Behörde ab. „Wir erlauben nicht das Tragen traditioneller Waffen“
Die Winnemem Wintu reagierten mit indianischem Humor. „Wenn wir keine traditionellen Waffen tragen dürfen, heißt dieses, dass wir moderne Waffen tragen dürfen“ ?
Ein damaliger Presseartikel konfrontierte die Behörde, ob sie nicht zwischen einer Gruppe traditioneller Indianer und Terroristen unterscheiden könne. Schließlich erkannte die Behörde die Nichtigkeit seiner Einwände und genehmigte das Event. Am Abend des 12. September begannen die Winnemem Wintu ihren Kriegstanz. Für vier Tage brannte ununterbrochen das Feuer, es wurde getanzt, gesungen, getrommelt und gebetet. Die Spirits antworteten auf ihre Weise. Täglich kreiste ein Fischadler über dem Tanzgrund und einmal ließ er eine Feder fallen, welche genau im Tanzkreis landete. Ein Bald Eagle zirkelte geraume Zeit über den Tänzern, er flog immer wieder hin und her, als würde er das Ereignis beobachten. Nach vier Tagen ununterbrochener Aktivität wurden die Teilnehmer langsam müde. Gleichzeitig bemerkten alle Teilnehmer jedoch ein Wiederaufleben von innerer Stärke.
Das Ereignis wurde von vielen Gästen besucht, Indianer, Weiße, Reporter und von Umweltschützern. Dieser Kriegstanz war keine Kriegserklärung an die USA, er war eine Botschaft und ein Versprechen an die gesamte Welt, dass sich die Winnemem Wintu gegen einen Ausbau des Shasta – Dammes wehren werden.

Das Projekt zur Damm – Erhöhung ist mittlerer Weile heftig umstritten , nicht nur von Indianer und Umweltschützern, weil es langfristig mehr Schaden als Nutzen einbringen würde.

Grüße Hetane
Hetane
 

Re: Wintu Sprachprojekt - Neue Webseite / Deutsch

Beitragvon Elk Woman » Sa 25. Feb 2012, 14:16

Als Egänzung zu Hetanes Artikel,
hier ein Artikel von Stefan Liedtge selber,
in der "Coyote" von 2004 :

http://www.aktionsgruppe.de/downloads/coy404.pdf

Seite 11 - 15

Danke Hetane für Deine Mühe !
Ein wirklich ergreifendes Schicksal für die Wintu.


e.
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(John Donne)
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Die > Coming Of Age Ceremony <

Beitragvon Hetane » Sa 17. Mär 2012, 11:00

Eine der wichtigsten Heiligen Stätten ist für die Winnemem der > Puberty Rock < . Der in der Stammessprache bezeichnete > Kokospom < ist jener Ort, wo der Stamm seit Jahrtausenden eine Pubertäts – Zeremonie für die heranwachsenden Mädchen durchführte. In einer mehrtägigen Zeremonie wurden dort die Mädchen symbolisch in die Welt der erwachsenen Frauen aufgenommen. Diese > Coming of Age Ceremony < war zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die damalige US – Politik zum Erliegen gekommen. Erstmals in 2006 wurde diese Zeremonie ( Balas Chonas in Wintu ) wieder durchgeführt. Es war das Jahr als Marine, die Tochter von Caleen Cisk – Franco, durch diese Zeremonie in die Reihe der Frauen aufgenommen werden sollte. Die Winnemem sahen sich zur Durchführung der Zeremonie mit einigen Problemen konfrontiert. Der Puberty Rock liegt am Mc Cloud River, welcher den Shasta – Stausee speist. Die Stätte gehört dem US. Forest Service. Während der mehrtägigen Zeremonie wohnen das oder die Mädchen in einer dazu errichteten Hütte, welche aus Zedernrinde gebaut wird. Am letzten Tage dieser Zeremonie schwimmen alle teilnehmenden Mädchen symbolisch über den Fluss, um dort von den sie erwartenden Stammesfrauen in der „neuen Welt der erwachsenen Frauen“ begrüßt zu werden. Um den ungestörten Ablauf zu sichern, ersuchten die Winnemem den US. Forest Service ( als Eigentümer ) , den entsprechenden Flussabschnitt, etwa 250 Meter lang, für die Dauer der Zeremonie für die Öffentlichkeit zu sperren. Dieses wurde abgelehnt, der Forest Service veranlasste nur eine „freiwillige Schließung“ des Flussabschnittes. Da kein direktes Verbot bestand, diesen Teil des Flusses auch während der Zeremonie zu besuchen und zu befahren, kam es in 2006 zu beschämenden Störungen während des Ereignisses. Mehrere Hausboote lagerten in nächster Nähe zur Rindenhütte. Täglich befuhren Motorboote die Passage und störten den Ablauf der Zeremonie. Mehrfach wurden die Winnemem dabei von diesen Bootsinsassen verbal beschimpft und beleidigt. Viele dieser Störenfriede waren betrunken und riefen den Winnemem zu, der Fluß würde auch ihnen gehören. Bei einer Gelegenheit passierte ein solches Motorboot die Rindenhütte, wobei eine Frau auf dem Boot ihre Brüste entblößte, in Richtung der Rindenhütte. Die Präsenz dieser Boote stellten neben der Störung auch eine Gefahr für Marina dar, weil sie am letzten Tag den Fluss durchschwimmen musste…

In 2010 fand eine weitere Zeremonie für zwei Mädchen statt. Wieder lehnte der Forest Service die Sperrung des Flussabschnittes ab, obwohl es seit 2008 durch ein Gesetz ( Farm Bill ) sogar mühelos die rechtliche Möglichkeit gehabt hätte, dieses zu tun. Man teilte den Winnemem mit, man könne den Flussabschnitt nicht sperren, weil die Winnemem keinen anerkannten Stamm der USA darstellen. Demgegenüber steht die Tatsache, dass der Forest Service selbst die Winnemem als der „eingeborene Stamm“ des Mc Cloud River anerkennt. Nachdem es wieder Störungen durch Motorboote gab, wurde der Flussabschnitt in 2010 schließlich am letzten Tage gesperrt, als die zwei Mädchen den Fluss durchschwammen.

Im Sommer 2010 war noch eine weitere Balas Chonas Zeremonie für Marisa Sisk geplant. Marisa soll als nächste Führerin der Winnemem ausgebildet werden. Aufgrund der Gefahren der letzten zwei durchgeführten Zeremonien hat Caleen Cisk – Franco ( Stammes – Chief ) dieses Ereignis jedoch verschoben. Möglicher Weise findet es in diesem Jahr statt, sofern eine Sperrung des Flussabschnittes während seiner Dauer erwirkt werden kann.

Gruß Hetane

PS. Hallo Elk, danke auch dir für die Zusatzinfos bezüglich der Wintu
Hetane
 



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