Das ist der Text des Flyers der AGIM
( ausnahmsweise als Textübernahme des pdf Dokuments ) :1200 Indianerinnen seit 1980 vermisst
und ermordet in Kanada "1017 indigene Frauen wurden in den Jahren 1980 bis 2012 in Kanada ermordert, 164 Indianerinnen gelten als vermisst und 225 weitere Fälle sind ungeklärt. Diese schockierende Zahl bestätigte eine Untersuchung der RCMP – der kanadischen Bundespolizei Royal Canadian Mounted Police – in ihrem Abschlussbericht vom Mai 2014.
Erstmals hatte die Native Women’s Association of Canada (NWAC) 2004 mit dem Bericht „Sisters in Spirit“ das erschreckende Ausmaß der Gewalt an indigenen Frauen inKanada an die Öffentlichkeit gebracht. Die NWAC hatte 582 Fälle dokumentiert, warnte jedoch vor einer deutlich höheren Dunkelziffer. Obwohl die Situation auch von weiteren Menschenrechtsorganisationen bestätigt wurde, u.a. von Amnesty Canada in der umfassenden Studie „Stolen Sisters: A Human Rights Response to Discrimination and Violence Against Indigenous Women“ (2004), weigerten sich die Behörden bislang, die Zahlen anzuerkennen. 2013 wies zudem eine Untersuchung von Human Rights Watch nach, dass in vielen Fällen auch die
Polizeibehörden in die Gewalt an indigenen Frauen verstrickt sind.
Umso überraschender, dass nun die RCMP selbst die aktuellen Zahlen veröffentlichte. Die jahrelangen weltweiten Proteste zeigen damit erstmals Erfolge. Trotz wiederholter Appelle, die indigenen Frauen besser vor der Gewalt zu schützen, bleibt die Polizei allerdings häufig untätig, die Politik fühlt sich im Regelfall nicht zuständig und dieÖffentlichkeit nimmt kaum Notiz von einer Katastrophe, die sich in der Mitte der Gesellschaft abspielt. Die Zahl der vermissten und ermordeten Frauen verdeutlicht die bestürzenden Umstände, unter denen die Ureinwohner
Kanadas noch heute am Beginn des 21. Jahrhunderts leiden müssen. Besonders betroffen sind hiervon die Indianerinnen, denn sie sehen sich doppelter Diskriminierung ausgesetzt:
als Frauen und als Indigene.
- Diskriminierung mit System -
Ramona Wilson, Tracy Chapman oder Maisy Odjick sind nur einige der 1200 Opfer, die aus der Mitte ihrer Familien und Gemeinschaften gerissen wurden. „Helen Betty
Osborne wäre vielleicht noch am Leben, wenn sie keine Indianerin gewesen wäre“, erklärte der Richter im Verfahren gegen ihre vier Vergewaltiger und Mörder, „doch ihre Peiniger
glaubten, dass junge Indianerinnen nur Objekte seien, zu nichts anderem Nutze als dem reinen Lustgewinn.“
Das Schicksal Helen Betty Osbornes steht beispielhaft für viele der ermordeten Indianerinnen. 1971 wurde die 19-jährige Cree auf ihrem Heimweg in der Provinz Manitoba von vier weißen
Männern ins Auto gezerrt, vergewaltigt, brutal misshandelt und ermordert. Mit 50 Einstichen im Leib und grässlich entstelltem Gesicht ließen die Täter Helens Leiche an einem Seeufer zurück. Polizei und Justiz verschleppten die Ermittlungen, so dass es erst 16 Jahre später zu einem Prozess kam, bei dem nur einer der vier Männer verurteilt und zehn Jahre später auf Bewährung entlassen wurde.
So bestürzend das Schicksal von Helen Betty Osborne ist, zeigt sich dahinter ein System von Diskriminierung, das eine erschreckende Allianz zwischen Sexismus und Rassismus
eingeht. Wäre Helen keine Cree-Indianerin gewesen, hätten die Behörden ihre Nachforschungen intensiver betrieben.
- Folge von Kolonialismus und Unterdrückung -
Die Gewalt gegen die indianischen Frauen in Kanada resultiert aus einer systematischen Zerstörung der indigenen Kulturen, welche Indianern fundamentale Bürger- und
Menschenrechte verweigert. Die Indianergesetzgebung Kanadas maßt sich nicht allein an, zu bestimmen, wer als Indianer zu gelten habe, sondern schuf eine konsequente
Unterdrückung der indianischen Frauen, die bis ins 20. Jahrhundert ihren Status als Indianerin verloren, sofern sie einen Weißen heirateten. Auch die Strukturen innerhalb der
indianischen Verwaltungen stehen in einem k r a s s e n Gegensatz zur der traditionell starken Rolle der Frau in den indigenen Gesellschaften.
Eine Regierungskommission bestätigte inzwischen die Vorwürfe zahlreicher Organisationen, die seit langem auf die Diskriminierungen gegen Indianer und insbesondere Indianerinnen hingewiesen hatten. Proteste gegen die Vorfälle und die Gleichgültigkeit der Behörden erhoben nicht nur indianische Organisationen und die Betroffenen, sondern auch Menschenrechts- und Frauenorganisationen im ganzen Land.
Die Annahme der UN-Konvention zur Abschaffung aller Formen der Diskriminierung gegen Frauen 1979, die bis heute 180 Staaten unterzeichnet haben, wurde als Meilenstein
gefeiert, doch Kanada, das sich sonst auf der internationalen Bühne als Vorreiter der Menschenrechte gebärdet, hat diese einzige Konvention zum Schutz der Frauen nur unter Einschränkungen ratifiziert.
Die USA, wo die Indianerinnen ebenfalls der Gewalt ausgesetzt sind, haben übrigens die Konvention bis heute nicht ratifiziert.
Die 2007 von der UN-Vollversammlung verabschiedete Deklaration der Rechte der Indigenen Völker fordert explizit den Schutz indigener Frauen. Mehrfach wurde Kanada von UN-Gremien wegen der Politik gegenüber den Indigenen scharf gerügt, u.a. durch CERD oder den Menschenrechtsrat.
- Ignoranz der Verantwortlichen -
Seit Jahren fordern die Betroffenen gemeinsam mit Menschenrechtsorganisationen weltweit die Einsetzung einer nationalen Untersuchungskommission und einer landesweiten Datenbank, um das Ausmaß der Gewalt an indigenen Frauen zu untersuchen und zu dokumentieren.
Die kanadische Regierungs weigert sich allerdings bislang beharrlich, diesen Forderungen Folge zu leisten.
Die einzige Untersuchungskommission wurde bisher in British Columbia ins Leben gerufen, die jedoch lediglich die Fälle eines Serienkillers untersuchte, der trotz zahlreicher Indizien wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, um weitere Morde zu begehen. Weder die indigenen Organisationen noch die Familien der Opfer wurden dabei ernsthaft einbezogen. "
MACHEN AUCH SIE MIT! Der 25. November ist der Internationale UN-Tag gegen Gewalt an Frauen. An diesem Tag wollen wir ein Zeichen der Solidarität setzen.
Auf dem Münchner Odeonsplatz werden 1200 Paar Frauenschuhe stellvertretend für die indigenen Opfer das Ausmaß der Gewalt verdeutlichen.
Stelltafeln erläutern die Situation und gleichzeitig sammeln wir Unterschriften an die kanadische Regierung.
Bitte spenden Sie uns ihre alten
Frauenschuhe für die Aktion!
Aktionsgruppe
Indianer & Menschenrechte e.V.
Die Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V. (AGIM) ist eine Organisation, die sich im Rahmen der Menschenrechtsarbeit der politischen und kulturellen
Unterstützung indianischer Völker in Nordamerika im Kampf um Selbstbestimmung und Anerkennung als souveräne Nationen widmet. Die Aktivitäten
der AGIM erfolgen in enger Zusammenarbeit und gegenseitigem Austausch mit den indianischen Völkern selbst.
Die aktuellen Lebensbedingungen nordamerikanischer Indianer in den Reservaten ähneln denen in der „Dritten Welt“: Fehlernährung, schlechte medizinische
Versorgung, mangelnde schulische Ausbildung, hohe Arbeitslosigkeit und überdurchschnittliche Selbstmordraten. Traditionelle Subsistenzwirtschaft
wird durch die Ausbeutung von Bodenschätzen auf ihrem Land bedroht. Wir als Bürger der Industriestaaten, für deren Profit diese Ressourcen geplündert
werden, müssen uns der besonderen Verantwortung gegenüber den Ureinwohnern stellen, die sonst kaum über eine Stimme im globalen Kräfteverhältnis
verfügen. Nur durch den Erhalt ihrer Lebensgrundlagen können sie die Vielfalt und Lebendigkeit indianischer Kultur bewahren, die ihre eigene kulturelle
Identität sichert.
Durch das vierteljährliche Magazin Coyote (einzigartig in Europa) informiert AGIM die Öffentlichkeit über die aktuelle Situation der Indianer, erläutert
Hinterhründe und gibt Einblicke in komplexe Themen von Politik und Kultur..
Die Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.
(1986 gegr.) ist ein anerkannt gemeinnütziger Verein.
V.i.S.d.P.: Monika Seiller
Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte,
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