Re: Native Amazonian Protest - Protestaktionen in Peru
von Jana » Fr 12. Jun 2009, 20:22
So, hier die Übersetzung des Berichts von Ben Powless. Ich habe mal den E-Mail-Text vor dem eigentlichen Bericht zum besseren Verständnis mit übersetzt. Ich wünsche dem jungen Mann dort alles Gute und dass er heil wieder nach Hause kommt.
Übrigens habe ich aus stilistischen Gründen und zur leichteren Lesbarkeit den Text nicht zu 100 % wörtlich übersetzt.
Und aus rechtlichen Gründen:
Falls das jemand kopieren, weiterleiten und veröffentlichen möchte, habe ich nix dagegen, aber dann bitte mich als Übersetzerin angeben, also: Übersetzt von Jana Färber
Hallo alle, ich wollte euch nur schnell dieses Update schicken und euch sagen, dass ich hier in Peru bin, um in der nächsten Zeit über die sich entwickelnde Krise zu berichten. Ich brauche vielleicht eure Hilfe, um die Informationen den Medien, Massen und Verbündeten zukommen zu lassen. Die Menschen hier sind auch scharf darauf, einige einflussreiche Leute hierher an den Amazonas zu holen, damit sie sehen, was passiert. Nachdem ich dies vor ein paar Stunden geschrieben hatte, fand die Pressekonferenz statt (ich habe Audio, muss es aber noch in mp3 umwandeln), und Vertreter aus dem gesamten Amazonasgebiet sind angekommen. Ich bin nicht sicher, was mit mir geschehen wird, aber ich wurde gebeten zu bleiben, mich umzusehen und zu helfen. Zuerst muss ich versuchen, mein Ticket zu ändern, das für gestern Abend gebucht war, dann aber storniert und auf heute Nacht umgebucht wurde. Außerdem haben die wichtigen peruanischen Minister gerade eine 30minütige Pressekonferenz beendet, in der die Indianer als fehlgeleitete Terroristen und Mörder verunglimpft wurden. Ich habe ziemlich viel zu bearbeiten, aber ich werde versuchen, etwas Offizielleres zusammenzutragen. Dies ist nur eine schnelle Zusammenstellung meiner Gedanken im Blogstil, Bilder folgen noch, ich habe welche von den Frontlinien erhalten, darunter auch einige sehr gelungene.
Euer Ben
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Ich bin gerade in der Hauptverwaltung der AIDESEP, der Inter-ethnischen Gesellschaft zur Regenwaldentwicklung in Peru, der repräsentierenden Behörde für die Amazonasbevölkerung, die sich nun im Zentrum einer entstehenden Krise befindet, angekommen. Es ist wirklich ein Kampf darum, wer den Amazonas und die dort Lebenden kontrolliert.
Als ich hierher kam, hatte ich keine Ahnung, was mich erwarten würde. Wie der Ort aussehen würde - ich hatte mir eine Mischung aus einer Festung und einem normalen Büro vorgestellt. Tatsächlich war es etwas von beidem, ein nicht gekennzeichnetes Haus, versteckt hinter einem großen Tor und einem Elektrozaun. Der Empfangsbereich war voller Neuigkeiten aus der Amazonasregion, wo gestern in einem Kampf zwischen peruanischen Amazonasbewohnern und staatlichen Polizeikräften mindestens 30 Menschen getötet wurden. Ich fragte nach meiner Kontaktperson, aber er war nicht auffindbar. Statt dessen ging ich zu einem anderen Gespräch mit einem Herrn, der mit ähnlichen Absichten wie ich gekommen war. Nachdem er gegangen war, stellte ich mich vor. Daraufhin sagte mir der verantwortliche Direktor, er könne wirklich jemanden brauchen, der die Geschehnisse aus ihrer Sicht fotografiert und dokumentiert. Jemand anders bat mich, ein paar Wochen zu bleiben und zu helfen, Informationen nach draußen und Leute hierher zu bringen, was sicherlich Monate, wenn nicht noch länger dauern würde.
Es ist ein unglaubliches Gefühl, hier im Mittelpunkt des Ganzen zu sein, das sich wie das Zentrum eines Hurrikans anfühlt. Die nationalen Nachrichten beschäftigen sich nur mit dem Tod der Polizisten, ihrer Beerdigung und dem Befehl, Alberto Pizango, den Präsidenten der AIDESEP und weithin anerkannten Führer der Amazonasbevölkerung vor Ort, zu verhaften. Und hier sind wir im Büro, eine Stunde vor der Pressekonferenz, und versuchen, Informationen nach draußen zu bekommen, überwachen die Fernseh- und Radiosender, schreiben Pressemitteilungen und nehmen Anrufe entgegen. Jetzt verfolgen wir die Gegendemonstrationen im Fernsehen. Es ist unmöglich zu wissen, was man im Fernsehen glauben kann, zumindest was die Regierungssprecher betrifft.
Die Quelle des aktuellen Konflikts existiert schon lange, aber jüngste Provokationen haben ihn angefacht. Freihandelsabkommen, um genau zu sein, errichtet auf einer langen Geschichte energischer Kolonisierung, und rücksichtsloses Eindringen in die Amazonasterritorien. Die mit der amerikanischen und der kanadischen Regierung unterzeichneten neuen Freihandelsverträge veranlassten den Staat, Veränderungen inländischer Gesetze voranzutreiben, welche die “Entwicklung” der Mineral-, Holz- und Ölindustrie und der Landwirtschaft in bisher unberührten Gebieten des Amazonas verbessern sollen. Dies löste einen mehr als 50 Tage dauernden Protest aus, der Teile des Amazonas lahmgelegt hat, denn die Amazonasgruppen verwarfen die Gesetze, die später verfassungswidrig erlassen wurden (obwohl dies, wie in Kanada, nicht bedeutet, dass sie widerrufen werden müssen) und ihren gesamten Lebensunterhalt und ihre Zukunft bedrohen. Die Regierung reagierte darauf, indem sie erklärte, die Ressourcen gehörten allen Peruanern, nicht nur denen vor Ort, als ob Menschenrechte eine Mehrheitsentscheidung wären.
Dann dies. Gestern um ca. 5.00 Uhr morgens sind anscheinend einige Helikopter und Bodentruppen aufgetaucht, um die Protestierenden mit Gewalt zu entfernen. Die Polizei sagt, sie seien von bewaffneten Gruppen beschossen worden. Leute vor Ort sagen, sie hätten geschlafen, als die Polizisten begannen, um sich zu schießen, und dass sie ihnen als Reaktion darauf die Waffen abgenommen hätten, wobei neun Polizisten getötet wurden. Viele Berichte geben die Zahl der während dieser Auseinandersetzung getöteten Amazonier mit mehr als 22 an, aber verlässliche Zahlen sind hier schwer zu bekommen. Hier in den Büros sind Anrufe eingegangen, in denen von viel höheren Opferzahlen die Rede war, manche Kontakte sprechen von über 100. Viele Leute verwenden die Worte Massaker, Völkermord, Bürgerkrieg. Über die Armee wurde berichtet, sie sei auf Vergeltung aus und gehe auf der Suche nach Verdächtigen von Haus zu Haus. Es ist kaum vorstellbar, dass die Situation sofort besser wird, besonders, da die Regierungsoffiziellen die Indianer als Terroristen, verwirrt und fehlgeleitet bezeichnen, und das im öffentlichen Fernsehen.
Nun sagt der Präsident, hinter dem Stopp der Mineralextraktion stünden andere Interessen. Zum Beispiel China und Chile als Konkurrenten. Ein offensichtlicher Versuch, die Amazonasbewohner als Bauern darzustellen, aber auch eine effektive Art, die wahren Probleme zu umgehen - Ressourcenausbeutung und die menschenrechtswidrige Zerstörung der Orte, an denen die Leute leben. Der Militärchef ist jetzt auf Sendung und sagt, Indigene seien nicht einmal verletzt worden, so als ob die arme Polizei während eines netten Helikopterflugs über den Amazonas von Supermenschen angegriffen worden wäre. Und das, nachdem die Nachrichten die Körper toter Indigener gezeigt und Bilder von Krankenhäusern vor Ort unsere Büros erreicht haben. Jetzt kommen die Nachrichten zu einem Sonderbericht darüber, wie sich die israelischen Sicherheitskräfte gegen ihre eigenen Amazonier verteidigen.
Fortsetzung folgt...