Am 9. Juni werden der legendäre Kayapo-Chief Raoni Metuktire und sein Neffe Chief Megaron Txucarramãe, in London eintreffen, um Unterstützung für die Kayapó und für alle Stämme in Brasilien in ihrem Kampf zu sammeln, um ihre Lebensweise und Ländereien zu schützen. Sie werden auch eine Pressekonferenz abhalten.
Es ist eine kritische Zeit für die Rechte indigener Völker in Brasilien. Die Kayapó, und alle indigenen Völker des Amazonas sind bedroht; von Mega-Staudämmen, illegalem Bergbau, der Besetzung ihres Landes durch Siedler, Viehzüchter und Konzerne.
Die territoralen Rechte dieser indigenen Völlker, werden nicht nur missachtet, sondern die Existenzgrundlage ihrer Kulturen ist gefährdet.
Es ist zwingend notwendig, dass die indigenen Rechte, an Orten wie dem Tapajós-Becken eingehalten werden, im Herzen des Amazonas, wo die brasilianische Regierung plant, ca. 29 weitere große Staudämme zu bauen, nach dem gleichen zerstörerischen Muster wie bei Belo Monte.
weitere Informationen unter:
http://amazonwatch.org/news/2014/0604-t ... injusticesÜber die jüngere Geschichte der Kayapo habe ich einen empfehlenswerten Artikel gefunden, den ich euch nicht vorenthalten möchte:
Kayapo – Die Hüter des Amazonas1900, elf Jahre nach der Gründung der Republik Brasilien, gab es etwa 4000 Kayapó. Mit dem Vordringen von Bergleuten, Holzfällern, Gummizapfern und Viehzüchtern in die brasilianische Wildnis mühten sich Missionare und staatliche Behörden, die Ureinwohner zu „befrieden“ und sie mit Handelswaren wie Metalltöpfen, Macheten und Äxten für sich zu gewinnen. Die Fremden brachten aber auch Verderben: Weil die Indios keine natürliche Immunität gegen Masern und andere Infektionskrankheiten haben, wurden viele von Seuchen dahingerafft. Bis gegen Ende der siebziger Jahre und in der Folge des Baus der Transamaz-Ônica-Fernstraße schrumpfte die Zahl der Kayapó auf etwa 1300.
Trotzdem gaben sie nicht klein bei.
In den achtziger und neunziger Jahren erstarkten die Kayapó dank einer legendären Generation von Häuptlingen, die sich auf ihre kriegerische Tradition beriefen, um ihre politischen Ziele durch- zusetzen. Dorfchefs wie Raoni und Mekaron-Ti organisierten Proteste mit militärischer Präzision und übten immer mehr Druck auf die Regierung aus.
Die Kayapo töteten sogar Eindringlinge auf ihrem Land. Meistens vertrieben die Kayapó- Krieger illegale Farmer und Goldsucher. Einige davon stellten sie vor die Wahl, innerhalb von zwei Stunden die Gegend zu verlassen oder ohne weiteren Aufschub getötet zu werden. Kayapó patrouillierten an strategischen Flussquerungen und Gebietsgrenzen; sie nahmen Geiseln oder schickten ertappte Eindringlinge ohne Kleidung in die nächste Stadt zurück.
In ihrem Kampf um Autonomie und die Herrschaft über ihr Land suchten sich die Anführer Verbündete. Sie lernten Portugiesisch und waren bald in der Lage, sich die Unterstützung von Naturschutzverbänden und Berühmtheiten wie dem Popsänger Sting zu sichern, der mit Raoni auf Reisen ging.
1988 trugen die Kayapó dazu bei, die Rechte von Ureinwohnern in der neuen brasilianischen Verfassung zu verankern und erstritten schließlich die gesetzliche Anerkennung ihres Territoriums. 1989 protestierten sie erfolgreich gegen den Bau des Kararaô-Staudamms am Fluss Xingu, durch den ein Teil ihres Landes überflutet worden wäre. Ursprünglich waren sechs Dämme am Flusslauf vorgesehen, doch dieser Plan wurde fallen gelassen, als die Kayapó den Widerstand organisierten. Sie luden Umweltschutzorganisationen zum sogenannten Altamira-Treffen ein – einer fünftägigen, aufsehenerregenden Protestversammlung. «Bei der Kundgebung von 1989 in Altamira gelang es den Anführern der Kayapó auf brillante Weise, ihre Kriegertradition für ein Medienspektakel des 20. Jahrhunderts zu nutzen», erklärt mir der Anthropologe Stephan Schwartzman vom Environmental Defense Fund. «Sie gaben der Diskussion damit eine neue Richtung.»
Heute wächst die Bevölkerung der Kayapó rasch. Sie haben sich als sehr geschickt darin erwiesen, Technologien und Praktiken der modernen Welt – von Gewehren über motorgetriebene Aluminiumboote bis zu Facebook- Accounts – zu übernehmen, ohne den Kern ihrer Kultur zu gefährden. Mithilfe des bekannten Anthropologen und Kayapó-Experten Terence Turner von der Cornell-Universität haben sie sich den Umgang mit Videokameras angeeignet, um ihre Zeremonien und Tänze aufzuzeichnen sowie Treffen mit Regierungsvertretern zu dokumentieren. Einige Dörfer gingen in den achtziger Jahren auch Geschäftspartnerschaften mit Goldschürfunternehmen ein und verkauften in den neunziger Jahren Konzessionen zum Ein- schlag von Mahagonibäumen. Inzwischen haben die Kayapó-Anführer diese Geschäfte als Fehler erkannt und sie weitgehend beendet.
Vor allem haben die Kayapó gelernt, sich zu organisieren und ihre untereinander oft angespannten Beziehungen zu verbessern. Deshalb sind sie heute die vermutlich reichste und mächtigste unter den verbliebenen 240 indigenen Gruppen Brasiliens. Ihre Zeremonien, ihre Verwandtschaftsbeziehungen, ihre Zugehörigkeit zur Gê-Sprachfamilie, ihr Wissen über den Wald und ihre Auffassung, dass Mensch und Natur Teile eines Ganzen bilden, sind intakt geblieben. Entscheidend ist aber wohl, dass sie ihr Land behalten haben. «Die Kayapó erleben den Beginn des 21. Jahrhunderts nicht als ein unterlegenes Volk.
Im vergangenen Juni bekräftigten 400 Kayapó-Häuptlinge bei einem Treffen in dem Dorf Kokraimoro ihren Widerstand gegen eine ganze Flut von Dekreten, Vorschriften, Gesetzesentwürfen und Verfassungszusätzen, die ihnen die Herrschaft über ihr Land entziehen und verhindern würden, dass sie oder irgendeine andere indigene Gruppe ihr Territorium erweitern könnten. Diese Maßnahmen werden als Teil einer Kampagne gesehen, um Bergbau, Holzeinschlag und Landwirtschaft auf Kayapó- Land zu ermöglichen und die in der brasilianischen Verfassung garantierten Rechte der Indigenen auszuhebeln. Von den vielen Facetten dieses politischen Kampfes ist dies derzeit die bedrohlichste: das Kararaô-Projekt. Eigentlich glaubten die Kayapó, es vor zwei Jahrzehnten gestoppt zu haben, doch nun ist es unter einem neuen Namen als Staudammprojekt Belo Monte wiederauferstanden.
Der Kayapó-Anführer Mekaron-Ti und der berühmte Raoni, der zur Rettung des Waldes die Welt bereist hat und vergangenes Jahr im Europaparlament aufgetreten ist, wollen nach Kendjam kommen, um den Kampf gegen den Staudamm wieder aufzunehmen.
Die Pläne für ein solches Projekt sind schon vier Jahrzehnte alt und gehen auf die damalige Militärdiktatur zurück. Es gab Studien, Proteste, Planungsänderungen, Gerichtsurteile, Revisionen der Urteile, Blockaden, einen Film des „Avatar“-Regisseurs James Cameron, internationale Appelle – trotzdem begann vor zwei Jahren der Bau des auf umgerechnet 10,4 Milliarden Euro veranschlagten Belo-Monte-Wasserkraftwerks. Die Anlage mit Kanälen, Speicherbecken, Deichen und zwei Staudämmen liegt etwa 500 Kilometer nördlich von Kendjam am Rio Xingu, wo der Fluss eine gewaltige Schleife, die volta grande, durchläuft. Das Werk soll eine Spitzenleistung von 11.233 Megawatt produzieren und 2015 ans Netz gehen. Belo Monte hat das Land gespalten. Seine Unterstützer verteidigen das Projekt als Lieferant dringend benötigter elektrischer Energie, Naturschützer kritisieren es als ein Desaster nicht nur für die Umwelt, sondern auch in sozialer und finanzieller Hinsicht.
2005 votierte der brasilianische Nationalkongress dafür, das Wasserkraftprojekt wiederaufleben zu lassen: dessen Energieproduktion sei wichtig für die Sicherheit des rasch wachsenden Landes. Die Kayapó und andere von den Plänen betroffene Ethnien kamen 2008 erneut in Altamira zusammen. Ein Ingenieur der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft Eletrobras wurde bedrängt und erlitt dabei einer Pressemeldung zufolge «eine tiefe blutende Wunde an seiner Schulter». Die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Pará vertrat den Standpunkt, dass die Gutachten über die ökologischen Folgen des Projekts ungenügend seien und dass man die indigenen Völker der Region nicht ausreichend gehört habe. Sie reichte mehrere Klagen auf einen Baustopp ein – womit eine staatliche Instanz sich gegen eine andere stellte. Die Verfahren erreichten das Oberste Gericht Brasiliens, aber bisher gibt es keine rechtskräftigen Urteile, und der Bau des Belo-Monte-Staudamms konnte immer wieder fortgesetzt werden.
Selbst ein Wasserkraftwerk, das nur aus zwei Staudämmen besteht, wird wegen des Straßenbaus und des Zustroms von etwa 100.000 Arbeitern und Zuwanderern enorme Auswirkungen auf das Gebiet am Flusslauf des Xingu haben. Die Stauseen werden eine Fläche etwa der Größe des Bodensees überfluten. Offiziellen Schätzungen zufolge werden 20.000 Menschen vertrieben, unabhängige Quellen rechnen mit einer doppelt so großen Zahl.
Durch die Verwesung der überschwemmten Vegetation werden die Staudämme einen Methanausstoß verursachen, der ebenso klimaschädlich ist wie die Treibhausgasemission von Kohlekraftwerken. Die Umleitung von etwa 80 Prozent des Wassers an einem 100 Kilometer langen Abschnitt des Xingu wird Gebiete aus- trocknen lassen, die von saisonalen Überflutungen abhängig sind und in denen gefährdete Arten leben. Und niemand weiß, was als Nächstes kommt. «Die Regierung sagt, dass nur das Belo-Monte-Projekt gebaut wird, aber der ursprüngliche Vorschlag sah fünf weitere Stau- dämme vor», erklärt Schwartzman. «Fraglich ist auch, ob Belo Monte allein profitabel sein wird oder ob die Regierung später sagt, auch die übrigen Staudämme müssten gebaut werden.»
Einer der Gründe für Raonis Besuch in Kendjam ist herauszufinden, warum die Dorfchefs im östlichen Teil des Territoriums Geld von Eletrobras angenommen haben. Kisten mit nagelneuen 25-PS-Außenbordmotoren lagern auf der Veranda des Hauptquartiers des Verbandes zum Schutz des Waldes. Raonis Dorf und andere Siedlungen im Süden haben standhaft Geld von Eletrobras zurückgewiesen. Nach Ansicht von Aktivisten soll mit den Zuwendungen der Widerstand der Indigenen gegen Belo Monte gebrochen werden. Das Konsortium, das den Damm baut, finanzierte Brunnen, Krankenstationen und Straßen in der Region und zahlte an ein Dutzend Dörfer in der Nähe monatlich je 30.000 Reais (umgerechnet 10.000 Euro) für Lebensmittel und andere Bedarfsgüter. Schwartzman nennt es „Schweigegeld“.
Bei der ersten Begegnung der Kayapó mit den abgegriffenen brasilianischen Banknoten prägten sie einen anschaulichen Begriff für Geld- scheine: pe-o caprin – „trauriges Laub“. Es hielt immer mehr Einzug in ihren Alltag, vor allem in Dörfern, die mehr Kontakt zu brasilianischen Städten im Urwald hatten. In dem Kayapó-Dorf Turedjam bei Tucumã hatte die Umweltschädigung durch Rodungen und Viehzucht die Fischgründe zerstört. Es kam häufiger vor, dass man Kayapó in den Supermärkten sah, wo sie Seife oder tiefgefrorenes Huhn kauften.
Sechs Monate später trafen sich 26 Kayapó-Anführer in Tucumã und unterzeichneten einen Brief, in dem sie weitere Zahlungen des Wasserkraft-Konsortiums strikt ablehnten:
«Wir, das Volk der Mebengôkre Kayapó, haben entschieden, dass wir keinen einzigen Centavo eures schmutzigen Geldes nehmen», schreiben sie. «Wir akzeptieren weder Belo Monte noch einen anderen Staudamm am Rio Xingu. Unser Fluss steht nicht zum Verkauf. Unser Fisch, der unsere Nahrung ist, steht nicht zum Verkauf. Das Glück unserer Enkelkinder steht nicht zum Verkauf. Wir werden unseren Kampf nicht aufgeben. (...) Der Xingu ist unsere Heimat, und ihr seid hier nicht willkommen.»
http://www.nationalgeographic.de/report ... s-amazonas