Shannens Traum




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Shannens Traum

Beitragvon Ellen » Mi 27. Jul 2011, 14:50

"Shannens Traum" ist eine Kampagne für bessere Schulen und Gleichberechtigung bei der Bildung für die Kinder der First Nations.
Artikel der Frankfurter Rundschau:
Shannens Traum von der besseren Schule
Artikel in der Stuttgarter Zeitung:
"Shannen's Dream" soll nicht sterben

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von Anzeige » Mi 27. Jul 2011, 14:50

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Re: Shannens Traum

Beitragvon Hetane » Fr 19. Aug 2011, 19:40

Hallo "Ellen"

danke, dass du dieses Thema hier nochmal eingestellt hast. Vor einiger Zeit hatte ich schon einmal kurz darüber etwas
gelesen, das Thema aber nicht weiter verfolgt. Inzwischen habe ich mich doch etwas näher mit dem Thema beschäftigt
( nicht nur durch die zwei eingestellten Links ) und bin einerseits doch recht bestürzt darüber, was da von Seiten der kanadischen Regierung heutzutage noch praktiziert wird, andererseits bin ich beeindruckt, was Shannen und einige ihrer Freunde, darunter ihre Schwester Serena, zu Wege gebracht haben. Besonders tragisch empfinde ich den frühen Tod von Shannen, hätte sie nicht ihre Kommune wegen besserer Bildungschancen verlassen müssen, wäre sie vermutlich noch am Leben, ich glaube, so ähnlich denkt auch ihre Familie darüber...

Nachfolgend aber nochmal etwas zu dieser ganzen Geschichte, mit eigenen Worten bzw. Sätzen :

Während die Ära der kanadischen Residential Schools im letzten Quartal des 20. Jahrhunderts ihr Ende fand ( die letzte dieser Schulen wurde erst in den 1990 er Jahren geschlossen ) , besteht in Kanada bis zum heutigen Tage ein zweigeteiltes Schulsystem. Durchschnittlich investiert Kanada für einen weißen Schüler jährlich etwa sieben bis neuntausend Dollar.
Für einen Schüler der First Nations wird diese Investition um etwa ein Drittel gekürzt. Diese Einsparungen machen sich auf sehr unterschiedliche Weise bemerkbar…

Zu spüren bekamen dies auch die Schüler einer Grundschule im Norden Ontario`s .
Etwa 970 Kilometer ( Luftlinie ) , nord-nordwestlich von der Stadt Ottawa entfernt, befindet sich der Ort Attawapiskat. Hier, an der James Bay, lebt die Attawaspikat First Nation, Angehörige der Mushkego oder Omushkego Cree. In dieser Kommune wurde einst die JR Nakogee Schule erbaut, wo mehrere hundert Schüler bis zur achten Klasse unterrichtet wurden. In 1979 kam es zu einem Leck in einer Versorgungsleitung unter dieser Schule, wobei etwa 30000 Gallonen Dieselöl das Erdreich unter der Schule kontaminierten. Ungeachtet dessen wurde in dieser Schule weiter unterrichtet. Die Behörden machten keine Untersuchungen auf toxische Auswirkungen. Besonders in den 1990 er Jahren mehrten sich die Krankheitsfälle unter Schülern und Lehrern, aufgrund der Kontaminierung. Im Jahre 2000 wurde die Schule schließlich geschlossen, da viele Eltern ihre Kinder aus der Schule fernhielten, selbst Lehrer verweigerten einen dort stattfindenden Unterricht. Als Ersatz wurden nach und nach alte Wohncontainer , so genannte portables , auf dem Spielplatz der Schule aufgestellt, um darin zu unterrichten. Diese Schulcontainer waren ohne jegliche geeignete Schulausstattung, und sie waren ungeheizt. Die Schüler saßen in den Wintermonaten in ihren Mänteln in den Klassen. Seit dem Jahre 2000 forderte der Stammesrat von den Behörden eine neue Schule. Drei Minister für indianische Angelegenheiten versprachen, eine neue Schule zu errichten, brachen aber ihr Versprechen.
Endlich, in 2007, schien der Weg für eine neue Schule frei zu sein. Als im Spätherbst des gleichen Jahres mit Chuck Strahl ein neuer Minister für indianische Angelegenheiten in das Amt berufen wurde, lehnte dieser den Neubau ab, weil andere Projekte wichtiger wären bzw. weil es in Attawapiskat keine Gesundheits – und Sicherheitsprobleme in der Schule gäbe.
Im März in 2008 ließ Strahl im Toronto Star verlauten, dass er nicht sagen könne, wann eine neue Schule in Attawapiskat gebaut werden würde.

Zu dieser Zeit war Channen Koostachin Schülerin der achten Klasse und dreizehn Jahre alt.
Einige Schüler dieser Klasse hatten einen Ausflug an die Niagara – Fälle geplant. Die Schüler strichen den Ausflug, und nutzten das Geld, Shannen und zwei weitere Schüler nach Ottawa zu schicken, um mit Minister Strahl zu sprechen. Am 28. Mai besuchten die Schüler Strahl in seinem Büro und forderten eine neue Schule von ihm. Shannen beschämte den Minister, als sie ihm sagte, sein Büro sei schöner eingerichtet als ihr Klassenraum. Sie erzählte dem Minister von dem einzigen Waschraum in den acht Portables für etwa vierhundert Schüler, von den undichten Türen und Fenstern, davon, dass auch der Boden unter diesen Portables kontaminiert sei und besonders im Winter viele Kinder erkrankten. Minister Strahl verstrickte sich bei diesem Besuch in vielen Ausflüchten. Ab diesem Zeitpunkt wurde Shannen zu einer unermüdlichen Kämpferin für eine neue Schule in Attawapiskat, gleichzeitig kämpfte sie jedoch für die Bildungs – Gleichberechtigung aller kanadischen First Nation Kids. Shannen nutzte die Waffen der Moderne, um ihr Ziel zu erreichen, das Internet, Konferenzen, Tagungen, Aktionstage und vieles Andere. Ihr Wirken war so beeindruckend, dass sie sogar für den Internationalen Friedenspreis für Kinder nominiert wurde. Ihr Engagement wurde zum Ende des Jahres 2009 gekrönt, als die kanadische Regierung beschloss, eine neue Schule in Attawapiskat zu bauen. Die Schule soll in 2012 fertig gestellt werden. Shannen Koostachin hatte auch für ihr Leben einiges geplant, sie wollte Anwältin werden. Aus diesem Grunde verzog sie nach New Liskeard, Ontario. Was hätte dieses couragierte, junge Mädchen alles in ihrem Leben erreichen können, aber das Schicksal ist nur zu oft sehr hart. Shannen Koostachin war Insassin in einem Minivan, als dieses Fahrzeug am 31.Mai in 2010 mit einem LKW kollidierte. Dabei verlor die Fahrzeugführerin und Shannen ihr Leben. Shannen Koostachin verstarb im Alter von nur fünfzehn Jahren.

„Schule sollte eine Zeit für Träume sein – jedes Kind verdient das“ Shannen Koostachin

Grüße Hetane
Hetane
 

etwas über Attawapiskat

Beitragvon Hetane » Mi 24. Aug 2011, 18:35

Attawapiskat war historisch gesehen, ein seit Jahrhunderten von regionalen Indianern genutzter Versammlungsplatz. Im Frühling und Sommer verweilten dort Gruppen, um an den in Richtung James Bay fließenden Flüssen zu fischen.
In der Winterzeit wurde dieser Platz wieder verlassen. Erst in den 1950 er Jahren entwickelte sich Attawapiskat zu einer Kommune mit festen Gebäuden, welche vor allem in den 1960 er und 70 er Jahren errichtet wurden. Derzeitig leben etwa 1900 Angehörige der Attawapiskat First Nation in der Kommune. Mehr als ein Drittel der Kommune sind unter neunzehn Jahre alt und drei Viertel der Angehörigen auf dieser Reservation sind im Alter unter fünfunddreißig Jahren .
Die Kommune wird oft als "isolierter" Ort bezeichnet, die nächste wirkliche gut ausgebaute Strasse soll sich in einigen hundert Kilometern Entfernung befinden. Wie auf vielen Reservationen, gibt es auch in Attawapiskat Probleme mit Selbstmorden, Drogen oder auch Unglücksfällen unter vor allem jungen Menschen. Gleichwohl ist der überwiegende Teil der Angehörigen glücklich in ihrer Kommune, sie betrachten Attawapiskat als das Zentrum des Universums.
In 1976 wurde die J.R. Nagokee School ( Grundschule ) gebaut und nach 1990 die Vezina Secondary School ( für die oberen Schulklassen ) Populär wurde Attawapiskat durch die verstärkten Forderungen der Kommune nach einer neuen Grundschule ab dem Jahre 2000.

Ergänzend ein kleiner Film mit ein paar bildlichen Eindrücken aus Attawapiskat aus dem Jahre 2008:

http://www.youtube.com/watch?v=QzLMuW1N50I

" Wir haben nie eine richtige Schule gesehen " Schüler aus Attawapiskat

Grüße Hetane
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Re: Shannens Traum

Beitragvon Ellen » Sa 27. Aug 2011, 15:33

Danke für deine Ausführungen, Hetane.
Im Dezember 2009 waren Norbert Witt und Jackie Hookimaw-Witt aus Attawapiskat beim Indianer Inuit Nordamerika Filmfestival und haben dort ihren Film "Why Do Children Frown Like This?" (11 Min., 2007) gezeigt.
http://www.youtube.com/watch?v=rSbfEPqu-48

Ellen
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Reservationsschulen

Beitragvon Hetane » Mi 31. Aug 2011, 18:55

Über das Ehepaar Witt und ihren Besuch in Stuttgart hatte ich schon etwas gelesen, speziell dieses Video kannte ich allerdings noch nicht. Danke für das Einstellen, "Ellen"

Im Zusammenhang mit dem Kampf um die neue Grundschule in Attawapiskat finden sich beschämde Tatsachen bezüglich des Zustandes in den kanadischen Reservationsschulen.

Die Rahmenbedingungen in den Reservationsschulen von Kanada haben sich in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. Grund hierzu sind gravierende, staatliche Einsparungen von Geldmitteln zugunsten der Bildung der First Nation Kinder.
Laut einer Studie der Regierung aus 2010 bestand ein Defizit von 48 neuen Schulen, weiterhin besteht ein Sanierungs - oder Erweiterungsbedarf an etwa 29 Reservationsschulen. Insgesamt werden nur knapp die Hälfte der Reservationsschulen in ihrer Bausubstanz als zufriedenstellend bezeichnet. In den Bestandsgebäuden ( Schulen ) treten insbesondere folgende gesundheitsgefährtende Probleme auf :
Überfüllung der Klassenräume, Schimmelbefall, eingefrorene Leitungen, somit unbeheizte Räume bzw. keine Wasserversorgung, Abwasser - Dämpfe innerhalb der Schulgebäude, hohe Kohlendioxid Belastungen, Unterricht in Portables, Schulen werden aufgegeben, obwohl trotz fehlender Infrastruktur kein Schulersatz besteht. Eingesparte Geldmittel machen sich im direktem Bildungsprogramm bemerkbar, durch fehlende Bibliotheken, fehlende Computer, nicht vorhandene Sporträume, die Nichtförderung von gefährdeten Sprachen, keine Weiterbildung der Lehrer, unzureichende Lehrmittel.
Die Grundschule in Attawapiskat ist durchaus kein Einzelfall. Ein gravierendes Beispiel gab es hierzu bereits vor etwa zehn Jahren. Damals musste eine Schule der Lake St. Martin First Nation in Manitoba geschlossen werden, weil das Wassersystem mit Schlangen besetzt war. Als die Schüler damals die Wasserarmaturen öffneten, kamen immer öfter kleine Schlangen aus den Leitungen. Es gibt Schulen, wo in Schichten unterrichtet werden muss, aufgrund fehlender Räume oder der Unterricht findet in großen Zelten statt. Auf der anderen Seite engagiert sich Kanada seit Jahren in Afghanistan, um dort etwa fünfzig Schulen zu errichten. Etwa sechzehn Schulen sind bereits erstellt und weitere siebenundzwanzig befinden sich im Aufbau. Es ist bemerkenswert, wenn sich eine reiche Nation wie Kanada auf diese Weise in einem Entwicklungsland engagiert . Um so weniger verständlich ist es, dass Kanada dabei einen Teil seiner eigenen Kinder in die Vergessenheit geraten lässt.

Gruß Hetane
Hetane
 

Shannens Aktionen in 2008

Beitragvon Hetane » Di 13. Sep 2011, 19:34

"Wir werden nicht aufgeben" Mit diesen Worten hatte Shannen Koostachin im Mai 2008 das Büro von Minister Chuck Strahl verlassen. Und Shannen gab nicht auf. Nachdem sie selbst nie eine richtige Schule gesehen hatte und ihre Grundschulklassen
in den Portables absolviert hatte, nachdem sie erlebt hatte, wie viele Schüler in Attawapiskat nach drei, vier oder fünf Schulklassen den Unterricht beendeten, weil sie die Hoffnung verloren hatten, führte Shannen den Kampf um eine neue Schule in ihrer Kommune fort. Mit Hilfe ihrer zwei Jahre älteren Schwester Serena und einiger Freunde wurde eine Seite auf Facebook eröffnet, um auf ihre Aktion aufmerksam zu machen. Darin wurden Schüler in Kanada informiert und gebeten, den Kampf um eine neue Schule in Attawapiskat zu unterstützen. Innerhalb weniger Wochen vermochte es Shannen, ein Feuer zu entflammen, ein Feuer, dass in den Herzen tausender First Nation- Schüler glimmte. In diesem Feuer kam der Wunsch dieser Schüler und Jugendlichen zum Ausdruck, endlich die Bildungsmöglichkeiten zu erhalten, wie sie für Kanada`s nicht indianische Schüler selbstverständlich ist, der Wunsch , durch diese Benachteiligung nicht mehr um ihre Zukunft, um ihr kulturelles Erbe betrogen zu werden.
Überraschener Weise wurde dieser Kampf auch von vielen nichtindianischen Schülern, Schulen und Hiflsorganisationen unterstützt. Nicht nur die Schüler in Attawapiskat, auch Schüler aus vielen Landesteilen Kanada`s schrieben Protestbriefe an den Minister. So sammelte eine Schülerin aus Sault Ste. Marie mehr als 130 Briefe in mehreren Schulen, die Briefe wurden im Juli an Minister Strahl verschickt. Ebenfalls im Juli richtete Shannen ein Schreiben an die Vereinten Nationen, um auf ihre Kommune aufmerksam zu machen. Shannen Koostachin wurde zum Sprachrohr der Initiative. Sie sprach in Schulen und auf anderen Meetings. Ein herausragendes Ereignis in 2008 war eine am 26. November in Toronto abgehaltene Menschen - Rechts - Konferenz, wo Schüler aus Attawapiskat, darunter Shannen und ihre Schwester Serena, zu Wort kamen. Shannen ist zu dieser Zeit vierzehn, ihre Schwester Serena sechzehn Jahre alt.
Nachfolgend zwei Aufzeichnungen der jeweiligen Reden von Shannen sowie Serena

http://www.youtube.com/watch?v=shXKTTKsZt0

http://www.youtube.com/watch?v=w17r5atzNUI

Grüße Hetane
Hetane
 

Nominierung zum Friedenspreis für Kinder

Beitragvon Hetane » Sa 24. Sep 2011, 08:05

Wie im Erstbeitrag bereits erwähnt, wurde Shannen Koostachin im Sommer des Jahres 2008 stellvertretend für die Schüler von Attawapiskat für den Internationalen Kinder - Friedens - Preis nominiert. Die Nominierung erfolgte durch Cindy Blackstock, Exexcutive Director der First Nations Child & Family Caring Society. Weitere Unterstützung kam u.a. von Charlie Angus, Parlamentsmitglied für die Region Timmins - James Bay oder der Nishnawbe Aski Nation (NAN), eine politische Organisation, welche in einem Teilgebiet von Ontario etwa 49 First Nations Kommunen repräsentiert. Sowohl die NAN als auch Charlie Angus äußerten sich bestürzt daüber, dass sich Schüler einer Kommune gezwungen sehen, mit ihrem Wunsch nach einer neuen Schule an die Vereinten Nationen herantreten zu müssen.

Der Internationale Friedens - Preis für Kinder ist eine Initiative der Dutch Kidrights Foundation und wurde in 2005 gestartet. In jedem Jahr erhält ein Kind / Jugendlicher den mit einer Summe von 100.000 Euro dotierten Preis. Diese vergebene Summe wird in das jeweilige Projekt des jeweiligen, durch das Komitee ermittelten Kindes investiert. In Betracht kommen Kinder, welche sich auf besondere Weise um die Weiterentwicklung der Kinderrechte verdient gemacht haben.

In 2008 wurden weltweit insgesamt 46 Kinder für diesen Preis nominiert. Den Zuschlag erhielt ein Mädchen in Brasilien, welches sich um die Beendigung der Gewalttätigkeiten gegen Kinder in den Armenvierteln von Rio de Janeiro verdient gemacht hatte.

Obwohl Shannen Koostachin den Preis nicht erhielt, sprach allein ihre Nominierung für sich und brachte das Schulprojekt in Attawapiskat in den Fokus der Weltpresse.

Der Link zeigt einen Film zur Nominierung von Shannen Koostachin :

http://www.youtube.com/watch?v=ZsWxHm-llVA

Grüße Hetane
Hetane
 

Re: Shannens Traum

Beitragvon Bärbel » Sa 24. Sep 2011, 11:36

Hallo Hetane,

vielen Dank, dass Du uns immer wieder auf dem Laufenden hältst.

Viele Grüße
Bärbel
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Shannen`s letzter Lebensabschnitt

Beitragvon Hetane » Do 6. Okt 2011, 18:06

Hallo "Bärbel"

mach ich doch gern, diese ganze Geschichte hat mich doch irgendwie berührt. Leider kannich nicht viel mehr machen, als hier darüber zu berichten. Nachfolgend nun ein par weitere Informationen über die Geschichte von Shannen und ihrem Wirken.

Shannen Koostachin hatte sich bereits mit vierzehn Jahren ehrgeizige Ziele für ihre Zukunft gesetzt. Sie wollte eine gute traditionelle Jingle Dress – Tänzerin werden , und eine Ausbildung zur Anwältin absolvieren. Das berufliche Ziel, so war ihr bewusst, konnte nur mit einer guten Bildung erreicht werden. Aus diesem Grunde verzog Shannen mit ihrer Schwester Serena in 2009 nach New Liskeard, Ontario, wo sie zusammen die > Temiskaming District Secondary School > in Temiskaming Shores, Ontario, besuchten. Nach acht Jahren Unterricht in den Portables besuchte Shannen nun erstmals eine richtige Schule. Diese Schule war warm, hatte eine Bibliothek, einen Sportraum, hier liefen keine Mäuse über den Boden, die Wände hatten keine Risse oder schwarze Schimmelflecke.

Shannen war sehr bestürzt darüber, ihre Familie, Freunde und ihre Kommune verlassen zu müssen, aber sie wusste, nur auf diese Weise konnte sie sich selbst und ihrer Kommune helfen. Shannen lebte in dieser Zeit in der Familie von Charlie Angus, einem Parlamentsmitgliedes der Region Timmins – James Bay. Charlie Angus unterstützte die Initiative von Attawapiskat für eine neue Grundschule. Ungeachtet ihres oftmaligen Heimwehes nach Attawapiskat versäumte es Shannen nicht, weiterhin für eine gleichberechtigte Bildung der First Nation – Schüler zu kämpfen. Neben einigen Aktionen sprach sie im November 2009 auf der Ontario Federation Of Labour – Konferenz vor mehreren hundert Teilnehmern. Alle bis dahin durchgeführten Aktionen veranlassten die kanadische Regierung im Dezember 2009 dazu, dem Neubau einer Grundschule in Attawapiskat ( in 2012 ) zuzustimmen.

Shannen repräsentierte während der Zeit in New Liskeard stolz ihre Herkunft und Kultur.
„Cree“ war ihre Muttersprache und Attawapiskat ihre Heimat. Diesen Stolz repräsentierte sie z.B. auf einem durchgeführten Powwow ihrer High School als Tänzerin in Regalia. Im Frühjahr 2010 wurde Shannen gefragt, ob sie auf dem nächsten Schul – Powwow die Position der Lead – Tänzerin übernehmen würde, worüber sich Shannen sehr freute. Im Mai des gleichen Jahres, Shannen war inzwischen in der 10. Klasse, durfte sie mit Genehmigung der Eltern einen Ausflug nach Ottawa machen, eine Anerkennung für ihre schulischen Leistungen. Auf der Rückfahrt von diesem Ausflug ereignete sich in den späten Abendstunden des 31. Mai 2010 dieser tragische Autounfall, wobei Shannen und ihre Mentorin Rose Thornton, getötet wurden. Zwei weitere Fahrzeuginsassen überlebten leicht verletzt. Der tragische Tod von Shannen war ein Schock, für die Familie, ihre Kommune, für Freunde, aber auch für viele Kinder und Bürger von Kanada. Der Vater von Shannen, Andrew Koostachin, machte sich große Vorwürfe, weil er den Ausflug genehmigt hatte. Er suchte Rat bei den Ältesten in Attawapiskat. Die Ältesten versuchten , ihn zu trösten. Shannen wurde unserer Kommune vom Schöpfer für eine kurze Zeit geschenkt, um uns etwas zu lehren. Die Eltern glaubten an diese Worte, aber die Trauer verminderte es kaum. Nur wenige Tage nach Shannen`s Tod führte die High School in Temiskaming Shores auf Wunsch von Serena Koostachin das geplante Powwow durch. Um Shannen zu ehren und zu gedenken, blieb dabei während des Grand Entry die Position der Frauen – Lead – Tänzerin unbesetzt, es war die Position, welche Shannen gehabt hätte. Später gab es einen Blanket –Dance, um Shannen zu ehren. Auf dieser Decke wurden Spenden gelegt, die später einem First Nation Schüler dieser Schule als Unterstützung überreicht wurden.

Welche Bedeutung das Wirken von Shannen Koostachin in Kanada darstellte und noch darstellt, zeigte u. a. auch die Rede von Charlie Angus während der Beerdigung, ein Auszug dazu .

„Wenn Martin Luther King oder Nelson Mandela mit fünfzehn Jahren durch einen Autounfall gestorben wären, hätte die Welt jemals gewusst, was sie verloren hat ?

Charlie Angus, der Shannen sehr gut kannte und unterstütze, ist nicht nur Politiker, sondern auch Musiker. Ihr zu Ehren schrieb Angus nach ihrem Tode einen Song, der sehr schnell unter den Schülern Kanada`s populär wurde: „Diamonds in the Snow“ An einer Textstelle heißt es : „sie ist die Chance, eure Welt zu heilen“

http://www.youtube.com/watch?v=IThwsiXhKa8

Grüße Hetane
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Re: Shannens Traum

Beitragvon Elk Woman » Do 6. Okt 2011, 20:29

Hi, Hetane und Ellen,

danke für eure tief bewegenden, auch traurigen und gleichfalls hoffnungsvollen Berichte "zu Shannen und ihrem Traum".
Eine echte kleine- "ganz große" Kämpferin !
Die Welt wäre wirklich um vieles ärmer, wenn es nicht immer wieder solche tapferen Menschenskinder gebe !

Nochmals Danke für diesen/ euren wichtigen Beitrag hier!

Hier noch nachgereicht: http://www.berliner-zeitung.de/wissen/kanadas-ureinwohner-shannens-traum-von-der-besseren-schule,10808894,8688416.html

LG,

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"No man is an Iland, intire of itselfe
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