Re: finanzielle Unterstützung für den Schutz des Regenwaldes
von Jana » Di 15. Dez 2009, 17:57
Hallo Elk,
ich habe mich auch über das Verhalten der afrikanischen Staaten geärgert und bin mir nicht sicher, ob die Länder der Dritten Welt nicht zu überzogene Forderungen stellen, da sie andererseits aufgrund politischer Unsicherheiten nicht garantieren können, dass das Geld auch da ankommt, wo es hin soll. Wahrscheinlich wollen sie sich durch dieses Vorgehen auf eine Ebene mit den reichen Industriestaaten stellen und signalisieren, dass sie beim Finanzpoker durchaus ebenbürtig sind. Ein zu bescheidenes Auftreten würde ihre Position unter den ganzen "großen" Staaten der modernen westlichen Welt schwächen. Und sie wissen ganz genau, dass sie in Sachen Klimaschutz eine Schlüsselposition haben. Immerhin erwarten wir von ihnen, dass sie sich weiter entwickeln, ohne die emissionsintensiven Stadien eines typischen Industrielandes zu durchlaufen. Sie sollen von Anfang an auf erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit setzen. Das birgt riesige Chancen, ist aber sicher sehr teuer. Ich kann leider nicht einschätzen, welche Summen in so einem Fall angemessen wären. Das hängt sicher sehr von den lokalen Gegebenheiten ab. Unter Umständen ist so etwas für solche Länder, die noch viele andere Probleme haben (Kindersterblichkeit, AIDS, Analphabetismus und natürlich Armut und Hunger) schwer zu realisieren.
Zu Misswirtschaft, Abholzung und Korruption muss man, glaube ich, auch sagen, dass die reichen Länder der westlichen Welt daran eine erhebliche Mitschuld tragen. Die Abholzung begann schon in der Kolonialzeit. Damals wurden die ursprünglichen Wälder durch Monokulturen ersetzt, die die Böden ausgelaugt haben. Heute wird sie entweder von europäischen oder amerikanischen Firmen betrieben bzw. durch deren Lobbyisten forciert, oder sie passiert einfach aus Not. Die armen Menschen brauchen das Holz entweder zum Heizen bzw. Kochen, oder sie verkaufen es. Afrika ist übersät mit Flüchtlingslagern, in denen Tausende Menschen leben, die Opfer von Klimakatastrophen oder Ausrottungskriegen verfeindeter Stämme wurden. Im Umkreis solcher Lager gibt es meist keinen einzigen Baum oder Strauch und auch keine (essbaren) Tiere mehr.
Misswirtschaft und Korruption konnten sich entwickeln, weil die Kolonialisierung funktionierende Mikrokosmen und lokale, oft autarke Zivilisationen und Kulturen erstickt und die Menschen zu unmündigen, abhängigen Sklaven gemacht hat. Ähnlich wie die Indianer wurden viele afrikanische Stämme ihrer sozialen Strukturen, ihres kulturellen Erbes und schließlich ihrer Identität beraubt. Nachdem die Kolonialmächte diese Länder in die Unabhängigkeit entlassen hatten, setzten sie entweder eine Marionettenregierung ein und beuteten die Reichtümer der Regionen durch die Hintertür weiter aus, oder sie ließen desorientierte, entwurzelte Menschen zurück, die auf der Suche nach Führung leicht einem machthungrigen Diktator oder selbsternannten König auf den Leim gingen.
Die Forderung der Entwicklungsländer nach "Wiedergutmachung" ist also nicht unberechtigt, aber in welcher Höhe diese gewährt werden soll, ist wohl eine Frage, die Experten vor Ort zu klären haben. Übrigens ist die Problematik überall auf der Welt gleich, ob nun in Afrika, Asien - oder eben Südamerika. Deshalb passt der Exkurs nach Afrika hier gut hin. So kann man die Zusammenhänge schön beleuchten.
LG Jana