Di 31. Mär 2009, 16:00
Hallo Wasi,
vielen Dank für Deinen Hinweis. Ich habe letztes jahr eine Besprechung des Films im Magazin für Amerikanistik veröffentlicht und kann Deiner Darstellung des Films nur zustimmen:
Hier ist meine Filmbesprechung Magazin für Amerikanistik:
„Into the West“
von Steven Spielbergs
DVD in deutscher Sprache, 33,99 € bei
www.Amazon.deAmerikanische Historiker sagt man nach, dass sie Patriotismus gerne mit Geschichtsforschung verwechseln. Trifft dieser Ruf zumindest auf ein Reihe amerikanischer Historikern zu, so gilt dies für die amerikanische Filmindustrie umso mehr. Patriotismus oder was man dafür hält war und ist angesagt. Dementsprechend schwer tat sich Hollywood in der Vergangenheit mit einer Darstellung der Indianerkriege, einem Ereignis, das mittlerweile auch von kritischen amerikanischen Historikern und Intellektuellen als Völkermord bezeichnet wird.
Die Darstellung der Indianer ergänzte sich über Jahrzehnte in schreienden, skalpierenden und folternden Wilden, die gerade gut genug waren, um von einem aufrechten, tapferen Weißen wie John Wayne vom Pferd geschossen zu werden.
In den 70er und 80er Jahren gab es unter dem Eindruck des Vietnamkrieges und seiner Folgen einige zaghafte Versuche das bis dato weitgehend diffamierende Bild der Indianer zu korrigieren. Darunter waren sehr gute und erfolgreiche Filme wie „Little Big Man“, oder die kritische Fernsehserie über George A. Custer „Son of the Morningstar“, aber auch Filme die gutgemeint jedoch schlecht gemacht waren, wie „Soldier Blue“. Bald ebbte der selbstkritische Umgang mit der eigenen Geschichte wieder ab und auch Kevin Costners grandioses Meisterwerk „Der mit dem Wolf tanzt“ umging geschickt die Vernichtung des Stammes mit dem Lt. Dunbar lebt, so wie es im Originalroman von Michael Blake dargestellt wird. Spätere Filme wie die hervorragende Crazy Horse Verfilmung mit Michael Greyeyes in der Titelrolle oder der bewegende Film „Geronimo“ mit Michael Runningfox in der Titelrolle und die nicht ganz so gute Hollywoodproduktion mit Wes Studi, fanden den Weg zum einem breiten Publikum nicht.
So blieb es Steven Spielberg mit seiner sechsteiligen Serie „Into the West“ überlassen, die Geschichte der Indianerkriege einem breiteren Fernsehpublikum in den USA nahe zu bringen. Es war von Anfang an klar, dass allein der Name Spielberg dieser Serie eine große Aufmerksamkeit des Publikums sicher sein würde, womit Spielberg eine große Verantwortung übernahm. Um es vorweg zu nehmen, er ist dieser Verantwortung gerecht geworden. Auch wenn die Serie sicher nicht den ganzen Horror des Ausrottungskrieges gegen die Indianer vermittelt, so werden die Massaker von Sand Creck, Washita und Wounded Knee, wenn auch in abgeschwächter Form, aber doch erstaunlich realistisch dargestellt.
Die Serie zeigt in beeindruckende Weise, wie die indianische Bevölkerung versuchte durch immer weiter gehende Zugeständnisse in Frieden zu leben und wie diese Verträge skrupellos von der US Regierung gebrochen wurden.
Besonders beeindruckend ist die authentische Darstellung der Lebensweise und der Kultur der Indianerstämme. Die Bekleidung, die Tipis, Gegenstände des täglichen Gebrauchs, sind mit unglaublich viel Liebe zum Detail dargestellt. Die Indianer sprechen in dem Film ihre jeweilige Sprache mit Untertiteln, was dem Film eine zusätzliche Authentizität gibt.
Leider hat Premiere nicht die Originalfassung der ersten Sendung in den USA ausgestrahlt, sondern die um etwa 30 Minuten gekürzte Fassung. Die Serie war nach der Erstausstrahlung in den USA insbesondere um Szenen gekürzt worden in denen die Brutalität weißer Soldaten dargestellt worden war.
Leider beinhaltet auch die deutsche DVD nur die gekürzte Fassung. Es fehlen entscheidende Szenen des Sand Creck Massakers, der Sonnentanz von Sitting Bull und die Vernichtung eines Cheyennedorfes und die gewaltsame Rückführung der dort lebenden Weißen Naomi Wheeler.
Die Serie war in den USA ein Publikumserfolg, jedoch hat sich Steven Spielberg damit erheblichen Anfeindungen selbsternannten „amerikanische Patrioten“ ausgesetzt. So folgte der Serie eine hitzige Diskussion in dem Spielberg teilweise unpatriotisches Verhalten, Verleumdung oder gar Verrat der USA vorgeworfen wurde. Andere Anrufer bei „Dreamwork Pictures“ erkundigten sich erschrocken ob das im Film dargestellten Wounded Knee Massaker durch die US-Armee auch wirklich stattgefunden habe, da sie in der Schule davon nie etwas gehört hätten.
Viele Grüße
Bruno